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Früchte des Zorns

Aktion gegen das Fraunhofer- Institut, Duisburg (Mai 84)

Fraunhofer- InstitutMit dem Vorsatz "Sprengen wir dieses Programm" im Kopf und einem Sprengsatz unterm Arm haben wir der zukünftigen Filiale der Fraunhofer- Gesellschaft in Duisburg einen nächtlichen Besuch abgestattet.[...] Es wird manchem unverständlich sein, was wir gegen die Fraunhofer- Gesellschaft haben, wo sich doch die Politiker der Landesregierung und des Ruhrgebiets in ihrer Freude über diese gelungene Ansiedlung geradezu überschlagen und dem Ruhrgebiet dank der "Zukunftstechnologien" eine glänzende Zukunft versprechen.

Das Duisburger Institut soll mit ca. 100- 120 Forschern auf dem Gebiet der Mikroelektronik arbeiten, d.h. sich mit dem Entwurf mikroelektronischer Schaltungen, der Systementwicklung und Systemapplikation beschäftigen.

Die Landesregierung erhofft sich langfristig in der Nachfolge des Instituts die Ansiedlung entsprechender Produktionsbetriebe, kurzfristig aber die Anwendung der Forschungsergebnisse vor allem zu Rationalisierungszwecken. Grundlagenforschung im Bereich der Mikroeletronik ist bekanntlich Voraussetzung für Industrieroboter wie auch Steueranlagen, Textverarbeitungssysteme und Heimcomputer. Von entscheidender Bedeutung ist solche Forschung für die Verfeinerung von Kriegswaffen und Kriegsgeräten: die Leistungsfähigkeit der Bordcomputer von Flugzeugen, Panzern, Schiffen und Raketen entscheiden heute über den Ausgang von Kriegen.

Das Duisburger Institut soll sich darüberhinaus durch eine Verknüpfung von privater Forschung und der Duisburger Gesamthochschule auszeichnen. Nicht nur wird der vom Siemens- Konzern sozialisierte Leiter des Instituts einen Lehrstuhl an der Gesamthochschule erhalten, es sind weitere, von der Industrie finanziert, den Fraunhofer Forschungen zugeordnete "Lehrstühle " im Gespräch. Neu ist dabei nicht die Verwertung von Wissenschaft fürs Kapital, sondern der unmittelbare Zugriff auf Forschungsschwerpunkte, Lehrinhalte, auf die Auswahl von Dozenten und Studenten durch die Konzerne selbst.

Die Ansiedlung des Fraunhofer Instituts mit einem Kostenaufwand von zunächst 476 Millionen DM stellt das erste sichtbare Ergebnis der von der NRW- Landesregierung für 1984 angekündigten "Initiative Zukunftstechnologie" dar. Neben der Ansiedlung bzw. dem Ausbau weiterer Forschungsinstitute gehören dazu ebenfalls die in mehreren Städten des Ruhrgebiets projektierten "Technologieparks" und die Einrichtung staatlich finanzierter Technologietransferstellen - samt und sonders mit dem Schwergewicht auf Mikroelektronik, Bio- und Gentechnologie, Kommunikationstechnologie und Energietechnik (Atom, Kohleumwandlung etc.) [...]

Die Fraunhofer- Gesellschaft ist eine der größten und wichtigsten Denkfabriken der BRD, aufgegliedert in 30 Einzelinstitute, seit den 50er Jahren in vorderster Front in der Kriegsforschung engagiert. Sechs dieser Institute werden unmittelbar vom Verteidungsministerium finanziert und sind ausschließlich in der Kriegsforschung tätig, andere Institute übernehmen von Fall zu Fall Aufträge des Kriegsministeriums, wie sie im übrigen auch fürs BKA und Innenministerium arbeiten. Über die 50er Jahre stellen die Propagandisten der Fraunhofer- Gesellschaft heute noch bedauernd fest: "Da die politische und gesellschaftliche Einstellung teilweise noch gegen Verteidigung und Verteidigungsforschung gerichtet war, sah sich die Fraunhofer Gesellschaft damals harten Angriffen und Kritiken ausgesetzt". Heute scheint das ganz anders zu sein, die "zivile" Forschungstätigkeit, auch Auftragsforschung wurde enorm ausgedehnt und die Verklammerung von "ziviler" und militärischer Forschung bleibt erklärtes Ziel der Fraunhofer Gesellschaft, weil sich "beide Forschungssysteme unbestreitbar gegenseitig befruchten."

Jenseits aller Forschungsmythen entpuppt sich die "Initiative Zukunftstechnologie" als rabiates Programm der Rationalisierung, der Intensivierung militärischer Forschung, der wachsenden sozialen Krise als Klassenkampf von oben. Und sie hoffen, daß diese Politik ohne Widerstand durchgesetzt werden kann, denn der "soziale Friede im Ruhrgebiet könnte zu einer geheimen Grundlage künftigen wirtschaftlichen und sozialen Erfolgs werden".

Durch diese Rechnung wird ihnen ein Strich gemacht werden - mit SABOTAGE im Betrieb, in Streik- und Besetzungsaktionen, mit Anschlägen wie dem heutigen.


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