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Akte RZ ungelöst
Weitere Verhaftungen und Aussagen
Verhaftung in Paris
Paris, im Februar: 300 Leute protestieren dagegen, daß zwei
alte ergraute untergetauchte Revolutionäre , so associated
press, am 16. Januar vom französischen Pendant zur GSG 9, die
Direction Central des Renseignements Généraux, verhaftet
und der Staatsanwaltschaft überstellt worden waren. Der 59jährige
Christian G. und die 67jährige Sonja S. N wurden nach ersten
Verhören in die Gefängnisse Sante´ und Fleury gebracht:
auf Antrag der Bundesanwaltschaft in Auslieferungshaft. Laut französischen
Polizeiquellen waren zwei deutsche Beamte bereits während der
Festnahmeaktion als Beobachter anwesend. ap meldet weiter, daß
beide längere Zeit in Lille unter anderen Namen gelebt haben
und ihre Verhaftung bei einer Geburtstagsfeier Sonjas in Paris erfolgte,
zu der auch Gäste aus Deutschland angereist waren. Laut FOCUS
unter Observation von Zielfahndern des BKA.
Christian G. und Sonja S. hatten 1978 die BRD verlassen, nachdem
sie durch Aussagen belastet wurden. Der Haftbefehl stammt aus dem
Jahr 1978 und führt mehrere Sprengstoffanschläge auf.
So sollen sie u.a. geplant haben das Heidelberger Schloß zu
verwüsten. Einen weiteren Haftbefehl lieferte der ehemalige
RZ-Aktivist H.J. Klein. Nach seiner Rückkehr aus seinem Exil
in der französischen Bretagne erklärte Klein u.a., Sonja
S. habe die OPEC-Aktion im Dezember 1975 logistisch unterstützt
.
Wien 1975: Die Besetzung der OPEC-Konferenz
Im Dezember 1975 besetzte ein Kommando internationaler Revolutionäre
das Gebäude der Organisation der erdölexportierenden Länder
(OPEC) in Wien. Die Konferenz der OPEC-Minister, ein einflußreicher
und milliardenschwerer Kreis, wurde gefangenen genommen. Es kam
zur Schießerei mit dem österreichischen Wachpersonal
und den Leibwächtern der Minister. Die Verhandlungen dauerten
mehrere Tage. Der damalige österreichische Kanzler Kreisky
verhandelte direkt mit Carlos , dem Führer des Kommandos. Die
Besetzung endete mit dem freien Abzug der Gruppe, die zum Eigenschutz
mehrere Minister mitnahm und diese später freiließ. Wichtigste
Forderung der Aktion war, eine Umschichtung der Erdölgewinne
zugunsten der ärmeren nichterdölproduzierenden Staaten
des Südens durchzusetzen. Die sog. Erdölkrise , die künstliche
Drosselung des Rohölexports durch die Erzeugerstaaten, lag
nur wenige Jahre zurück. Er führte in Westdeutschland
zu autofreien Sonntagen und dem drastischen Anstieg der Benzin-
und Heizölpreise. Weitaus dramatischer aber war der Preisanstieg
für die Volksökonomien der Länder des Trikonts. Die
OPEC konnte die westlichen Ölmultis zwar kurzfristig kaltstellen
und die Kontrolle des Ölpreis in die Souveränität
der Produzentenländer zurückführen, bezahlen mußten
dafür aber nicht nur die reichen Industriemetropolen, sondern
mit weitaus katastrophaleren Folgen auch der Süden. An die
arabischen Regime waren weitere Forderungen gerichtet: die palästinensische
Revolution sollte stärker unterstützt und palästinensische
Gefangene in deren Gefängnissen freigelassen werden. Bis auf
die Freilassung einiger Gefangener konnte keine der Forderungen
durchgesetzt werden. Bis heute hält sich das Gerücht,
der damalige saudi-arabische Erdölminister Jamani, wichtigster
und einflußreichster Vertreter der reaktionären arabischen
Regime, hätte sich von Carlos für mehrere Millionen Dollar
sein Leben erkauft. H. J. Klein wurde bei der Schießerei verletzt,
konnte aber gemeinsam mit dem Kommando ausreisen. Anderthalb Jahre
später setzte er sich ab und begann mit Hilfe des SPIEGEL und
Daniel Cohn-Bendit sowie Teilen der damaligen frankfurter Sponti-Scene
seine Karriere als Aussteiger in Form verschiedener Interviews und
seines Reue-Buches Rückkehr in die Menschlichkeit . Später
wurde die inzwischen verstorbene Gabi Kröcher-Tiedemann, die
durch die Lorenz-Entführung der Stadtguerilla Bewegung 2. Juni
ein dreiviertel Jahr vor der OPEC-Aktion befreit wurde, zu 15 Jahren
Knast verurteilt.
Heidelberg 1978: Hermann Feilings Aussagen
Für Christian G. und Sonja S. ist in Deutschland ein alter
Bekannter zuständig: BAW-Bundesanwalt Pfaff war bereits 1978
mit den sogenannten Ermittlungen gegen Hermann Feiling betraut.
Hermann Feiling war 1978 Opfer eines schrecklichen Unfalls: ein
Sprengsatz explodierte ihm beim Zusammenbauen auf dem Schoß.
Er verlor beide Augen, die Beine mußten ihm amputiert werden.
Bereits einen Tag später - der behandelnde Arzt sprach noch
von Lebensgefahr - begannen LKA-Beamte die Verhöre. Viereinhalb
Monate dauerten die Befragungen, ohne Haftbefehl und ohne Anwalt
- unter Einwirkung starker Schmerzmittel und Psychopharmaka hielt
Hermann Feiling den verhörenden Staatsanwalt für seinen
Rechtsanwalt. In seiner Prozeßerklärung im September
1980 sagte er dazu: Den jahrelang (..) frustrierten Fahndern kam
mein lebensgefährlicher Zustand, die Traumatisierung nach der
Erblindung, meine völlige Hilfs- und Orientierungslosigkeit
gerade richtig. 1300 Seiten Vernehmungsprotokolle, die von mir stammen
sollen, sind Ergebnis dieser Situation. Da werden dann auch Personen
aus meiner damaligen phantastischen Traumwelt in RZ-Zusammenhänge
gebracht, bzw. es werden Personen belastet, die ich nie kannte.
Das Verfahren gegen Hermann Feiling wurde später eingestellt.
Die illegalen Vernehmungsprotokolle aber hatten Bestand: eine Frau
wurde zu 15 Monaten auf Bewährung zu verurteilt, im Prozeß
gegen Gerd Albartus und Enno Schwall wegen Brandanschlägen
auf Kinos, die den Film Unternehmen Entebbe zeigten, führten
sie zu Verurteilungen von 4 Jahren und 9 Monaten bzw. 6 Jahren.
Heute treffen die damals erpreßten Aussagen Sonja S. und Christian
G.
Berlin/Frankfurt 1999: Vier Verhaftungen und zwei Verräter
Axel H. und Harald G. aus Berlin, sowie Sabine E. und Rudolf S.
aus Frankfurt (M) sitzen weiterhin in Untersuchungshaft wegen Mitgliedschaft
in den Revolutionären Zellen (siehe So oder So Nr. 5). Aussagen
machte niemand von ihnen. Der Haftbefehl gegen Axel H. wurde inzwischen
erweitert: neben der Betreuung eines Sprengstoffdepots, das vergeblich
im Mehringhof in Berlin gesucht wurde, werden ihm jetzt noch der
versuchte Anschlag auf die Siegessäule in Berlin (Februar 199)1
und ebenso wie Harald G. und Sabine E. der Anschlag auf die Zentrale
Sozialhilfestelle für Asylbewerber (ZSA) in Berlin am 6.2.87
vorgeworfen. Alle sollen Mitglieder der RZ gewesen sein, die mindestens
bis 1995, dem Jahr der Aktion der Roten Zora gegen die Luerssen-Werft
in Bremerhaven, bestanden haben soll. Die Knieschüsse auf den
damaligen Chef der Ausländerbehörde Hollenberg (28.10.86)
und BGH-Richters Korbmacher (1.9.87) sind im Gegensatz zu den anderen
Vorwürfen verjährt. Rudolf S. wird aufgrund der Aussagen
von H.J. Klein logistische Unterstützung bei der Opec-Aktion
vorgeworfen. Harald und Axel waren bis zu ihrer Verhaftung am 19.12.99
in Berlin politische Aktivisten. Harald arbeitete vor allem in der
Forschungsgesellschaft Flucht und Migration (FFM), die er 1994 mitbegründete.
Im Rahmen des FFM entwickelte er politische Beziehungen zu Asylrechts-
und Kirchengruppen, die weit über das autonome Spektrum hinausgingen.
Er initiierte mit anderen die Dokumentationsstelle Menschenrechtsverletzungen
an der Grenze und die Dokumentation Bundesdeutsche Flüchtlingspolitik
und ihre tödlichen Folgen . In einem neuen Projekt wollte er
dazu beitragen, daß das rassistische Polizeiverhalten gegenüber
Flüchtlingen an der östlichen Schengener Außengrenze
von international anerkannten Menschenrechtsgruppen beobachtet wird.
Axel gehört dem Initiativkreis gegen den Schlußstrich
an, der sich dagegen wendet, daß mit dem Holocaust-Mahnmal
in Berlin unter die Auseinandersetzung mit den Verbrechen des Nationalsozialismus
der staatliche Schlußstrich gezogen wird. Es sind vor allem
auch diese Aktivitäten, die dazu führten, daß in
Berlin sehr schnell eine Solidaritätsarbeit zustande kam und
sich das Berliner Bündnis für die Freilassung von Axel
H., Harald G. und Sabine E. gründete. Die Haftbedingungen von
Harald und Axel sind unterschiedlich - Harald hat in der JVA Düsseldorf
täglich eine Stunde Hofgang und keinen Umschluß, in der
JVA Wuppertal hingegen, schreibt Axel, hat er Umschluß mit
schweren Jungs . Bei Harald hat bei Besuchen generell die Trennscheibe,
bei Axel nur bei Anwälten. Beide erhalten viel Post und das
soll auch so bleiben. Laut seinem Anwalt will Rudolf keine Unterstützung.
Sabine möchte nicht, daß ihr Nachname veröffentlicht
wird, daher: wer ihr schreiben will, schicke seinen Brief an das
Berliner Bündnis (Gneisenau 2a, 10961 Berlin), von dort wird
die Post weitergeleitet. Die Anwälte von allen haben noch keine
Akteneinsicht erhalten.
Die Diskussion um die Kampagne
Seit einigen Wochen beginnt innerhalb der Solidarität die
Diskussion um den Charakter der Mobilisierung. Harald schreibt dazu,
daß es Staat und Justiz nur vordergründig um die Aufklärung
lange zurückliegender Aktionen der RZ ginge, die zudem zum
Teil verjährt und die meisten RZ´s sich offiziell aufgelöst
hätten. Das Interesse der Staatsschützer liege woanders:
Strukturen sollen durchleuchtet und ein Zeichen gesetzt werden,
daß Widerstand sich nicht lohnt.Wie er sagt, haben sich die
Bedingungen gegenüber den 80er Jahren so grundsätzlich
verändert, daß er der Vorstellung widerspricht, die Verhaftungen
zum Anlaß einer rückblickend-nostalgisch gerichteten
Aufarbeitung der RZ-(Flüchtlings)-Politik zu nehmen. Relevanter
ist für ihn, sich für eine aktuelle Solidarität mit
den Flüchtlingen einzusetzen: Allein hierin scheint mir auch
eine in die Zukunft weisende politische Perspektive zu liegen ,
so ein Brief aus dem Januar. Aber Harald weist auch darauf hin:
Ein Problem ist und bleibt natürlich, inwieweit sich diese
Fokussierung auf Flüchtlingspolitik zwar auf mich und meine
jüngere politische Geschichte bezieht, aber es den anderen
oder ihrer Geschichte nicht gerecht wird . Er trifft hier einen
wichtigen Punkt. Nicht alle Gefangenen sind über Tarek Mousli
allein belastet, sondern zum Teil reicht ihre Geschichte bis vor
Berlin in die Siebziger zurück.
Verräter und keine politische Bewertung
Grundlage der Verhaftungen sind großteils aktuelle Aussagen
künftiger Kronzeugen: Bei Sonja ist es Klein, bei Rudolf Klein
und Mousli, bei den anderen nur Mousli. Beide rutschten noch so
eben in die zum Jahresende 1999 ausgelaufene Kronzeugen-Regelung.
Überrascht bei Klein nach seiner Hochzeit Ende der 70er als
reuiger Ex-Kämpfer und SPIEGEL-Star gegen den bewaffneten Kampf
nichts mehr, und spekulierte die BAW bereits bei Festnahme Kleins
- der via Anwalt schon mit Karlsruhe über einen Stellungstermin
verhandelt hatte - auf konkrete Aussagen, liegt die Sache bei Mousli
anders. Er war langjähriger Aktivist der berliner Szene. Darüber
spricht er in aller Ausführlichkeit. Seine Aussagen erstrecken
sich nicht nur auf vermeintliche RZ-Zusammenhänge. Er redet,
so die ersten Informationen, über alles, was er in den Jahren
meint erfahren und mitgekriegt zu haben. Und das kühl berechnend:
gewissenhaft soll er bereits gemachte Aussageprotokolle auf Fehler
und Erinnerungslücken korrigiert haben. Ein kaltblütiges
ans Messer liefern also und keiner, der in einer Situation der Bedrängnis
durch Bullen die Nerven verliert und sich um Kopf und Kragen redet.
Soviel steht fest. In Berlin allerdings, genauer im Solidaritäts-Bündnis
gibt es bislang so gut wie keine öffentliche Diskussion darüber,
wie ein Verrat dieser Kategorie möglich sein konnte. Mit oberflächlichen
Charakterisierungen erschien in der interim eine dürre Seite
zur Person Mousli. Mousli aber kannte die Anna und Arthur -Kampagne
nicht nur von Plakaten. Aber wo es keine Auseinandersetzung gibt,
wo eine öffentliche politische Bewertung der bislang vorliegenden
Informationen über Aussagen und Umstände Mousli's Festnahme
nicht erfolgt, blüht nur das Gerücht und die informelle
info-connection. Das verspricht spannenden Stoff am autonomen Stammtisch,
mit verantwortungsvollem politischen Handeln hat es nichts zu tun.
Das Berliner Bündnis sprach sich bislang mit großer Mehrheit
dagegen aus, dem Gewirr aus Halbwahrheiten, interpretierenden Vermutungen
und Gerüchten mit den ihnen bekannten Fakten auf einer Vollversammlung
oder in der Kampagnen-Zeitung Zitronenfalter die Basis zu entziehen.
Es ist zu hoffen, das darüber noch einmal nachgedacht wird.
Es geht nicht darum, Mousli's Storys Satz für Satz nachzuerzählen
oder vermeintliche personelle Zuordnungen des Typen zu veröffentlichen.
Was fehlt ist eine politische Bewertung und Einordnung der bislang
vorliegenden Infos. Darum aber geht es. Nur das schafft die Basis,
in der nächsten Zeit ohne Paranoia zu einigermaßen verläßlichen
Einschätzungen zu kommen. Die Solidarität mit den Gefangenen
ist das erste, keine Frage, aber ebenso braucht es eine politische
Gegenkampagne, die die Basis für den notwendigen politischen
Schutz für möglicherweise weitere durch Mousli gefährdete
Genoss/innen entwickelt. Spätestens wenn die Bullen vermeintlich
viel wissen, hat die Politik der vorgehaltenen Hand, informell,
ohne verantwortlichen Absender und so ohne Möglichkeit der
Überprüfung, noch nie geklappt. Schlechte Erfahrungen
damit wurden in Berlin schon im Kaindl-Verfahren (1994) gemacht.
Und auch im Zusammenhang mit der Rolle des VS-Agenten Steinmetz
in der tödlichen GSG 9-Operation von Bad Kleinen 1993 gegen
die RAF erwies sich im Rhein-Main-Gebiet die informelle connection
als politisches Desaster.
Bei allen Differenzen? Keine Spaltung - Solidarität!
Seit den Verhaftungen gibt es in Berlin ein Plakat. Vom Berliner
Bündnis ist es nicht. Sicherlich ist es sehr plakativ und sehr
auf die RZ bezogen. Im Text heißt es: Die RZ haben - AKW-Betreiber
sabotiert, - Rassistische Richter bestraft, - Soziale Bewegungen
unterstützt, und mit vielen anderen Aktionen Leuten aus dem
Herzen gesprochen . Und weiter: Unsere Solidarität gilt den
vier Genossen und Genossinnen, die seit Ende 1999 als angebliche
RZ-Mitglieder im Knast sitzen. Bei allen Differenzen: Ihr Widerstand
ist auch unser Widerstand. Und Aussagen bleiben Verrat . Beim Nachdenken
über Differenzen , die nicht genannt werden, drängt sich
der Widerspruch einer Trickserei auf: denn nichts im Text deutet
auf eine Differenz hin, die erwähnten Aktionen sprechen aus
dem Herzen - wer will ernsthaft diesen Aktionslinien nach Rostock,
Abschiebeterror und Castor-Transporten widersprechen? Ein anderes
Problem soll umgangen werden, das in Zeiten antinationaler Diskursgewalt
vorauseilend distanzierend nur angedeutet wird, damit die RZ im
aktuellen autonomen Gedächtnis auch weiter eine runde Sache
bleibt. In Zeiten der Krise vollzieht sich so eine Rückwärtsbesinnung
auf einen wichtigen Strang sozialrevolutionärer Praxis und
militanter Organisierung, die bruchstückhaft plakativ sich
das aneignet, was heute politisch pc erscheint. Der konkrete Widerspruch
liegt in der Geschichte der RZ und ihren Brüchen. Im Revolutionären
Zorn Nr. 1 stehen ebenfalls drei Aktionslinien, mit denen die RZ
den Leuten damals aus dem Herzen sprach . Ihre Bestimmungen waren
allerdings andere: Die Aktionen der RZ lassen sich in drei Bereiche
unterteilen: antiimperialistische Aktionen (...) - Aktionen gegen
die Filialen und Komplizen des Zionismus in der BRD - Aktionen,
die den Kämpfen von Arbeitern, Jugendlichen, Frauen weiterhelfen
sollen, die ihre Feinde bestrafen und angreifen. (Mai 1975) Es geht
nicht darum, in Zeiten der Verfolgung und des Nachschlags durch
Kronzeugen 25 oder 15 Jahre später, jede Aktionslinie im nachhinein
legitimieren zu müssen. So einen Quatsch meinen wir nicht.
Fatal wird es nur dann, wenn von Staatsseite die Geschichte der
80er und 70er Jahre parallel und personell verknüpft zur Anklage
kommen soll. Das uneingeschränkte Einstehen für alle Worte
und Taten im Zusammenhang RZ ist nicht der Punkt, allerdings die
Forderung nach einem korrekten Umgang mit einer revolutionär-militanten
Politik und Praxis, die in ihrer Vergangenheit - nicht zu Unrecht
- zumindest tendenziell eine Massensympathie innerhalb der radikalen
Linken behaupten konnte. Alles andere, die Aufteilung in gute und
böse RZ (wobei das böse ungenannt bleibt) wird über
kurz oder lang zum Objekt von Distanzierungszwängen. Politische
Erinnerung im guten Sinne ist es auch nicht, eher Politiksurrogat
und Reminiszenz an Ausschnitte einer Zeit, in der angeblich alles
besser war. Letztlich werden nur Mythen so geschrieben, aber keine
Politik gemacht. Das verlangt auch eine grundsätzliche Eindeutigkeit
im politischen Begriff der Solidarität. Und dies gilt unabhängig
davon, ob einzelne Gefangene genannt oder unterstützt werden
wollen.
Die Sache wird nicht besser
Die BAW erklärte vor kurzem, in Berlin demnächst Johannes
Weinrich wegen der Erschießung des RZ-Militanten Gerd Albartus
1987 im Nahen Osten anklagen zu wollen. Bereits Ende der 90ziger
war Magdalena Kopp, eine ehemalige Aktivistin der Gruppe Internationaler
Revolutionäre (oder: Carlos-Gruppe ) mittels des VS-Spezialisten
für Aussteiger Benz aus ihrem Exil in Venezuela in die BRD
zurückgeführt worden. Der FOCUS berichtete von umfassenden
Aussagen Kopps, die sich auch auf den Tod von Gerd Albartus bezogen.
Laut Kopp's Version sei Gert von einem Volksgericht der Carlos-Gruppe
wegen angeblicher Agententätigkeit angeklagt und dann per Kopfschuss
liquidiert worden. Unglaubwürdig klingt das nicht. Der Tod
von Gerd ist in jedem Fall eine absolut kriminelle Aktion. Die Verantwortlichen
für diese Schweinerei gehören prinzipiell zur Verantwortung
gezogen, das ist auch eine Kategorie emanzipatorischer Moral. Allerdings
nicht vor einem bundesdeutschen Staatsschutzsenat, das ist das Dilemma.
Dazu gehört aber auch, daß eine RZ 1991 in ihrem vieldiskutierten
Papier Gerd Albartus ist tot seinen Tod benutzte, sich von der internationalistischen
Aktionslinie ihrer Politik in den 70ern als antisemitisch zu distanzieren.
Die Mörder Gerds wurden politisch offengelassen. Schlimmer,
es wurde suggeriert, Gerd wäre das Opfer einer ominösen
(und homophoben) Palästinensergruppe geworden. Das passte vielleicht
ungewollt-gewollt gut in den argumentativen Zweck, und bediente
entsprechende Ressentiments in der Linken, scheint aber so einfach
vielleicht doch nicht zu stimmen.
Die Geschichte geht also weiter. Der Staatsschutz orientiert sich
nicht am Zeitgeist des linksradikalen Diskurses. Solidarität
sollte dies allerdings auch nur bedingt tun. Das zeigt sich nicht
nur in den aktuellen RZ-Verfahren.
Freiheit für alle politischen Gefangenen! Freiheit für
Sabine, Axel, Harald, Rudolf, Sonja und Christian!
Berlin/Frankfurt, Ende Februar Spendenkonto für die Gefangenen:
Martin Poell, Kto-Nr. 2705-104 Stichwort Freilassung , BLZ 100 100
10, Postbank Berli
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