Kritik der Anwälte aus der Zeiselstrasse an der Distanzierungserklärung
der Anwälte aus der Hochstraße (Frankfurt
Die Rechtsanwälte Golzem, Heldmann, Kopp, Riedel und von Plottnitz
haben sich von dem Anschlag auf den Präsidenten der BAK Schmalz
distanziert.
Die Mitglieder des Zeisselstrassenbüros halten diese Distanzierung
von Verteidigern für politisch verfehlt. und gefährlich.
Die Kollegen sind damit - gewollt oder ungewollt - der psychologischen
Kriegsführung erlegen.
Bestandteil der psychologischen Kriegsführung war immer auch
der Versuch der Staatsschützer, schon die Übernahme der
Verteidigung von Guerillas als Identifizierung mit deren politischen
Zielen und Praxis anzugeben. Der Ausdruck "Terroristen- Verteidiger"
oder "B- M- Verteidiger" ist die sprachliche Krücke für
diese Identifizierung. Bislang haben die Verteidiger in politischen
Verfahren niemals eine öffentliche Distanzierung von Aktionen
der RAF, des 2. Juni, der RZ oder von wem auch immer erklärt.
Wir ( einschließlich der nunmehr Dementierenden) haben vielmehr
immer gesagt: Inhalt von politischer Verteidigung ist der Versuch,
die rechtsstaatlichen Minimalgarantien für die Gefangenen solcher
Untergruppen zu gewährleisten. Nicht weniger, aber auch nicht
mehr.
In der Rolle als Verteidiger bestand und besteht deshalb keine
Veranlassung für die öffentliche Verurteilung einzelner
Aktionen, es sei denn, man glaubt, durch solche verbale Distanzierung
den Vorwurf der psychologischen Kriegsführung von, der Identifizierung
zwischen Verteidigern und Mandanten entkräften zu können.
Dieser Glaube ist nicht nur naiv, sondern auch politisch gefährlich.
In dieser Reaktion auf die Identifizierungsthese der psychologischen
Kriegsführung liegt gleichzeitig und notwendig die (teilweise)
Anerkennung der Berechtigung dieser These. Angegriffen wird nicht
mehr diese These und damit die Methode der psychologischen Kriegsführung.
Angegriffen werden Aktionen, die scheinbar diese These abstützen.
Politische Verteidigung von angeblichen und wirklichen Mitgliedern
von Untergrundkämpfern verkommt so zur Verteidigung der Verteidiger
durch die Verteidiger.
In der Distanzierungserklärung unserer (ehemaligen) Mitverteidiger
kommt die Spaltung, die sich vereinfachend – in dem Streit manifestiert,
ob die politischen Verteidiger in der jetzigen Situation primär
ihre Rechte als Verteidiger verteidigen sollen, oder ob ihre Rechte
als Verteidiger nur insoweit angegriffen werden, als darin nur ein
Reflex des Angriffs auf die Rechte der politischen Gefangenen aus
der Guerilla gesehen werden kann.
Organisatorisch drückt sich diese Spaltung in einer berufsständischen
Zusammenschliessung eines grossen Teils der Anwälte und Juristen
aus, die das Spektrum der Unterdrückung von Verteidigern von
Groenewold bis Gildenmair qualitativ gleich als Repression begreift,
ohne die völlig unterschiedlichen Grunde für deren Unterdrückung
angebliche RAF - Unterstützung einerseits und Mitgliedschaft
in der KPD andererseits - auch nur thematisieren, geschweige denn
politisch analysieren zu können. Marxistisch formuliert: die
Ähnlichkeit der Erscheinungsformen der Unterdrückungsmassnahmen
wird mit deren Wesen verwechselt.
Die linke Szene, insbesondere die Spontis, stehen dieser Auseinandersetzung
ziemlich ratlos gegenüber. Sofern es überhaupt eine Parteinahme
gibt, stellt sie sich meistens über persönliche Beziehungen
her. Das dürfte nicht zuletzt auf ihrem ambivalenten politischen
Verhältnis zum bewaffneten Kampf beruhen, aber auch daran,
dass die Juristen ihre Differenzen intern austragen. Wir wenden
uns jetzt an die linke Szene, weil die bisherige interne Auseinandersetzung
zwischen Verteidigern durch die Distanzierungserklärung der
anfangs genannten Anwälte eine zusätzliche, politisch
gefährliche Dimension erreicht hat: Sie erweckt den Eindruck
von Verteidigern, die offen von Aktionen abrücken und solchen,
die das nicht tun. Tendenziell erzwingt das ein Bekennertum
In letzter Konsequenz führt es zur Einrichtung von so etwas
wie Distanzierungskammern bei den Rechtsanwaltsorganisationen, wo
durch verbale Erklärungen die - integeren Verteidiger von den
schwarzen und noch schwärzeren Schafen gesiebt werden.
Wir glauben nicht, dass es sinnvoll ist, wenn Verteidiger in dieselbe
Kerbe hauen, wie die Staatsschutzbehörden. Wie heisst es doch
in dem BGH- Beschluss, der Mike Knöss Nichtzulassung in letzter
Instanz für "rechtens" erklärte? Er hat sich sogar noch
in der mündlichen Verhandlung vor dem BGH seines Verhaltens
gerühmt.
Oh wenn er doch sich distanziert hätte, wäre er ein Rechtsanwalt
geworden!!
Mc Carthy an te portas ? ?
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