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Hans- Joachim Klein:
"Kein Mensch kann sagen, was er ist, doch er vermag manchmal
zu sagen was er nicht ist..."
Ein (vorläufig?) letzter Brief
"Verräter, Counter- Insurgency, Mossad- Agent oder Mitarbeiter,
King, windiges Schwein, Terror- Berühmtheits- Stories, Terror-
Horror- Stories, geile Waffenhistörchen, Großmaul, den
Breiten machen, Django, Kibbuz- Bewohner, Show- Geschäft, Public
Relation, wieder Mossad diesmal ALLES ausgepackt, Alles. ...: undundundundund
UND etc. pp. "
Welch Aufwand, welche Aufmerksamkeit für einen kläffenden
Straßenköter. DIE HUNDE BELLEN UND DIE KARAWANEN ZIEHEN
IN DIE WÜSTE!! Eben!
Verwendet eure kostbare Zeit doch für wichtigeres. Aber: "Man
soll von dem zum Tode verurteilten nicht sagen: "Er wird seine
Schuld gegenüber der Gesellschaft (und der Linken?) sühnen,
sondern: 'Man wird ihm den Kopf abhauen (abschießen).' Das
sieht nach nichts aus. Aber es ist doch ein kleiner Unterschied.
Und zudem gibt es Leute, die es vorziehen, ihrem Schicksal in die
Augen zu sehen. "
Albert Camus "Licht und Schatten/Zwischen Ja und Nein"
Genossen/innen, Freunde des bewaffneten Kampfes, meine hoch verehrten
Damen und Herren von den bewaffneten Humanitätsbewegungen,
ihr braucht mich nicht zu begraben. Ich werde das nun selbst in
die Hand nehmen. Dieser Brief wird zur Erleichterung aller (aller?)
- auch der meinigen, die letzte "Public Relation in eigener
Sache" sein. Es wird nichts mehr kommen.
Es sei denn, L' Aurore vermeldet wieder Indiskretes von mir/über
mich. (Ich werde bei einem meiner nächsten Arbeitsessen mit
Helmut und Giscard darauf insistieren, daß auch dieses künftig
unterbleibt). Mein "angekündigtes Großwerk"
(Buch - pflasterstrand- Redaktion/ eine Fraktion) ist soweit fertig:
ICH HABE ES IN DEN MÜLLEIMER MEINER (oder soll ich sagen UNSERER)
Geschichte GEWORFEN!
Dort brodelt es ganz entsetzlich, es dampft und zischt. Aber der
Deckel, der muß noch drauf. Die Umweltbelastungen, eben wegen
dieser. Ich sag euch was: Ich lasse schnell noch etwas Dampf ab,
dann paßt er für die Ewigkeit. der Deckel.
Und, wenn euch dieser Furz, dieses letzte Windchen von mir nicht
schmeckt: schmeißt es doch in eueren Mülleimer. Der eine
oder andere von euch hat sicherlich diese Sonderanfertigung "Modell
Vergangenheitsbewältigung"; diese praktischen, wo so viel
reinpaßt.
Falls dieser Furz hier genauso "schweinisch, großmäulig,
denunziatorisch" etc. ausfällt, wie diese im Spiegel und
in Liberation (was er wohl wird), so liegt das wohl an mir.
An wem auch sonst. Natürlich! Und: an meiner Situation.
Das soll nichts entschuldigen (was auch), vielmehr einiges klarstellen.
Zumindestens es versuchen, zum Nachdenken anzuregen.
Ich sitze an allen möglichen Punkten dieser Scheißwelt
und versuche (versuchte) aufgrund meiner Erfahrungen in der Guerilla
einen Beitrag für eine Auseinandersetzung mit der Guerilla
zu liefern; Mythen zu zerstören, die nicht stimmen. Mythen,
die aufgebaut wurden (natürlich auch mal von mir), damit heute
jederzeit der Mantel der Betroffenheit über neuen Wahnsinn
gebreitet werden kann.
ANST ATT DIESEN STINKENDEN ZERSCHLISSENEN FETZEN END LICH MAL ZU
LÜFTEN, WEGZUREISSEN!!!
Solidarity for ever: die kritische versteht sich). Mir fehlte dabei
(beim Schreiben; auch bei diesem hier) was ganz wichtiges: Kollektivität
Nicht, um "Verwertbares und Schrott' (Pflasterstrand/ eine
Fraktion) zu sortieren, sondern um verständlich zu artikulieren,
um, Genossen/innen, um manchmal überhaupt zu artikulieren.
(Was erwartet Ihr eigentlich von einem "großmäuligen
Angeber und Schwätzer": Daß er auf einmal scharfsinnige
Analysen über die Weltlage stellt?)
Ich habe beim Schreiben meines Buches manchmal drei Tage und mehr
vor einer einzigen Seite gesessen, weil ich's einfach nicht schaffte/fertigbrachte,
Gedankengänge zu Papier zu bringen. Das Aufarbeiten meiner
Vergangenheit (auch meiner Zukunft) mußte ich mit mir selbst
ausmachen, diskutieren, niederschreiben.
Dabei passieren Fehler, viele Fehler, bewußte und unbewußte.
Wie oft war ich davor, alles hinzuschmeißen; aufzuhören:
was ich ja nun doch mache: aber aus anderen Gründen der Resignation
- weil es so verdammt schwer ist, was zu machen - in diesem Umfang,
alleine und mit einer Materie, die du so gern vergessen wolltest;
nicht unter den berühmten Teppich kehren darfst - was du noch
nie gemacht hast: Zu schreiben, zu schreiben auch über dich
selbst.
(Autobiographien: es muß sehr viel Mut dazu gehören,
eine solche zu schreiben, wenn sie wahr ist).
Zu schreiben über Sachen, Vorkommnisse, Schweinereien - auch
die eigenen - die die eine Seite zum Anlaß nimmt, die Schraube
der Repression noch stärker festzudrehen und die die andere
Seite dazu benutzt, sogar ihre eigenen Leiden zu instrumentalisieren,
um die (legale) Linke damit unter Druck zu setzen.
Eine Aufarbeitung von Sachen also, die ihr in nunmehr zehn Jahren
nicht zu Wege gebracht habt; von mir aber ganz offensichtlich verlangt:
Die politische Auseinandersetzung mit der Guerilla.
Ich habe es oft versucht (Das Au(di)torium Maxi(m)um lacht); im
Spiegel, nochmal im Spiegel, in Liberation und in meinem "angekündigten
(unveröffentlichten) Großwerk." Soweit dies mein
Intellekt zuließ; sorry about this. Das mit dem Grips meine
ich. Oder: ich möchte mal sehen und hören wie ihr reagieren
würdet, wenn ihr das erste Mal in eurem Leben die Bremsen eines
Autos. neu belegen müßtet - OHNE Gebrauchsanweisung,
zum Bücherschreiben, Interviews machen gibt's nämlich
auch keine - und ich, auf diesem Gebiet FACHIDIOT, würde auf
den kleinsten Fehler von euch lauern, um euch dafür mächtig
zu treten. Aber ihr werdet die Bremsen eurer Autos wohl auch nicht
selbst belegen, habt sicher wieder "Prollis" dafür
gefunden.
Polemik? Na gut, lassen wir das. Ich will und hab' mir das auch
weitgehend abgewöhnt.
Ohne die Hilfe, Unterstützung, Solidarität, schlicht
ohne die Kollektivität der Linken treffe ich meine Entscheidungen
ziemlich einsam, und ich mache, wie gesagt, auch Fehler dabei. Natürlich!
(Daß ich der Größte bin, das behaupten nur ihr
und die Guerilla). Was dabei herauskam, (Spiegel- und Liberation-
Interview), da macht ihr fix einen Strich darunter, so mir nichts
dir nichts, und sagt/schreibt z.B. "Terror- Horror- Story,
großmäuliger Verräter" usw.
Woher, Genossen/innen, nehmt ihr das eigentlich?
Wart IHR in diesen Zusammenhängen, oder ich? Ihr macht da
einen Rollentausch, dann, bitte schön, geht aber auch in den
Knast für mich oder laßt euch umlegen! Ihr verlangt von
mir, ich solle eine andere Ebene der Auseinandersetzung suchen.
Ja, Himmelherrgottnachmal, doch wohl nicht die eure!
Gut, ihr lehnt den Todestrip der Guerilla ab, kanalisiert aber
eure Betroffenheit darüber, als fromme, weil konformistische
Lügen, in die eigene Tasche. Damit will ich sagen: Ihr kennt
die politischen Realitäten, die Manipulationen, die aus den
Kommuniqués (der Guerilla) ersichtlich sind ebenso, wie die
Zusammenarbeit der internationalen Verstrickungen (Lorenz- Krimi
im Fernsehen so schnell vergessen?) und die Instrumentalisierungen
- auch die eigenen, weil's sonst so schnell zu Ende wäre mit
der Guerilla und und und. ..Und ihr habt Angst davor, sie lautstark
zu artikulieren. Ihr taktiert, Genossen!
Ein bitterböses Wort, taktieren; vielleicht nicht für
jeden, aber für mich. Ich bekämpfe "die Guerilla
am konsequentesten" - das ist richtig und wieder falsch, Genossen
von der Pflasterstrand- Redaktion/eine Fraktion. Ich kämpfe
nicht mehr. ("Der Kampf geht weiter, was ein Wahnsinn"
-recht hat er, der Joschka).
Aber ich versuche, bzw. versuchte, den Mythos, der falsch, verlogen
und deshalb so gefährlich ist (nämlich gerade für
die jungen Genossen, auch die "Prollis"), diesen Mythos
von der Guerilla "wir die wahren Menschen" (Originalton
RZ) aufzubrechen, indem ich, soweit das ohne Verrat und verraten
möglich war (darauf komme ich noch), die Kulissen aufzudekken.
Aufdeckte für eine Auseinandersetzung, die bis jetzt jedesmal
in der Sackgasse des Bedauerns geendet hat, ohne Informationen über
die BESTEHENDEN REALIT ÄTEN - und die wollt ihr nicht zur Kenntnis
nehmen, weil euch davor graut, weil ihr Angst habt, die Enfants
terribles der Bewegung sind noch schrecklicher als ihr es ohnehin
schon wißt (Genossen, bewältigt doch endlich EUER 1956).
Ich war hinter den Kulissen, habe sie endlich mal aufgedeckt, ein
Stück wenigstens, und Informationen rausgelassen. Ich habe
traurige Wahrheiten ans Tageslicht gebracht, was aus Genossen/innen
von einst geworden ist. Bildzeitung? Mitnichten! Es gibt Sachen,
die übersteigen selbst die nun wahrlich blühende Phantasie
dieses Revolverblattes.
Und meine Informationen stimmen, warum wohl sonst bin ich da ausgestiegen.
Und daß ich mich jetzt beim Schreiben oder Interview- geben
nur auf die existentielle Ebene meiner Erfahrungen in der Guerilla
begebe. ..einen Dreck werde ich tun. Die politischen Realitäten,
die Lügen, ihr und euer Mythos und die Leichen der Guerilla
- wie viele braucht Ihr eigentlich noch, um mal den Arsch hochzukriegen
- die mach( t)en meinen Kopf kaputt, bringen ihn nicht zur Ruhe;
und euch doch auch nicht, wie man liest, hört und sieht.
Die Geduld, das Nachdenken und Aufarbeiten, was einige von euch
vor nunmehr mehr als 11 Jahren mit so nern halb faschistoiden und
voll rassistischem Typen wie mir aufbrachten, das geht langsam aber
stetig den Bach runter. Der dumme Schüler kritisiert das Professoren-
Kollegium.
"Gut, dieses eine Mal ( lassen wir's noch durchgehen), aber
wenn er noch mal sein Mau aufreißt, wissen wir, auf welcher
- Seite er steht."
Ach ja, Genossen/innen, einer von euch Schlaumeiern hat mal nach
der Veröffentlichung meines ersten Briefes im Spiegel gemeint:
Nun sitzt er (der Klein) zwischen zwei Stühlen. Genossen/innen,
ich sitze zwischen DREI Stühlen, der eurige ist ja auch noch
da.
Zwei habe ich selbst weggezogen - nein, das ist falsch! - einen
hab' ich selbst weggezogen, den der Guerilla, den anderen, den zweiten,
den man (fürs erste) etwas bequem (zu bequem) hergerichtet
hat, den verschmähe ich: den der Bullen.
Und den dritten, den ich so verdammt nötig hätte, obwohl
er gar nicht bequem ist, es auch nicht sein soll, den eurigen nämlich,
den reißt ihr mir unter dem Arsch weg, bevor ich mich auch
nur auf seiner (harten) Kante niederlassen konnte. Anlehnen durfte
ich mich mal; es hat mir Mut gemacht, und. ..Ach, laß ich's.
Ihr macht aus dem Verratenen (wie auch ihr es seid) ruckzuck einen
Verräter, einen großmäuligen Angeber, Django, Schwätzer.
Ihr seid mit eurer wahrhaft kritischen Meinung schnell und unkompliziert
bei der Hand. Diesen Vorwurf habt gerade Ihr mir vor dreieinhalb
Jahren, oft zu Recht, gemacht. Euch kommen gleich die Tränen,
ja ja, ich weiß.
Wenn ich mit Kindern spiele oder sie beobachte, ganz heimlich,
dann möchte ich mich manchmal in den dunkelsten Winkel dieser
Erde verkriechen und einfach nur losheulen. Es kommt aber nix mehr,
weil jeder Strom mal versiegt; dann haste nur noch gähnende
Leere, die so verdammt weh tut. Ich werde (versuchen) sie allmählich
wieder aufzufüllen, ohne dabei zu vergessen und ohne euch dabei
weiter zu belästigen.
Einer der Spiegel- Reporter hatte mich gefragt, was ich einem Kinde
antworten würde auf die Frage, ob man böse Menschen töten
darf. Diese Frage hat mich ungeheuer verwirrt und ich wußte
keine Antwort darauf. Ich habe darüber lange nachgedacht und
bin auch zu einem Ergebnis gekommen, daß ich Kindern mitteilen
werde, sollten sie mich jemals derartiges fragen. Kinder fragen
entsetzlich viel, glaube ich, für das ich wohl keine Antwort
weiß. Ich werde mich auch damit unter anderem auseinandersetzen.
Das füllt den Rest der Zeit, die ich noch habe oder die man
mir noch läßt.
Ich habe eine Frage an euch, Genossen/innen, auf die ihr mir keine
Antwort zu geben braucht. Ich glaube sie auch zu kennen. Aber gebt
sie euch selbst, und vor allem der Bewegung, die doch so stille
steht, so schweigsam laut, so zerrissen vereinigt.
Was, was hättet ihr gesagt (lautstark), wenn ich über
die geplanten beiden Morde an Galinsky und Libinsky das Maul gehalten
hätte (lassen wir's dahingestellt, ob ich lüge oder nicht)?
Beide wären tot und ich käme erst jetzt damit heraus,
daß ich von der Sache schon vorher gewußt hatte? Schon
davon wußte zu einem Zeitpunkt also, wo ich draußen
war und es hätte verhindern können ohne selbst in unmittelbare
Gefahr zu geraten. Nur ein großmäuliger Schwätzer
und Angeber?
Nun, lasse ich das Spekulieren. Komme ich zu Greifbarem. Ich will
euch nicht länger unnötig langweilen (außerdem besteht
ja auch kein Zwang, dies hier zu lesen; siehe auch Anfang des Textes)
und es so kurz wie möglich machen mit dem letzten Furz von
mir. Also noch schnell einige Bemerkungen zum großmäuligen
Verräter, Public Relations- Manager, zum Angeber und Schwätzer.
Ja, was denn nun, Genossen; brauchts mir nicht zu sagen, es interessiert
mich nicht die Bohne. Nur, daß die Genossen/innen vom Arbeiterkampf
- Nr. 135 - den CIA vergessen zu erwähnen, das finde ich beschämend.
Zu letzterem, zum Angeber und Schwätzer: Es ist morgen, ich
bin hundemüde. Ich arbeite nämlich (endlich) wieder. Außerdem
ist das Feuer ausgegangen; draußen schneit's; und hier drinnen
ist es hundekalt geworden. Was, in einem Kibbuz in der Negev- Wüste
kann es gar nicht schneien? Da kennt ihr aber die Mossad schlecht.
Hab ich euch schon erzählt, wie ich zusammen mit der CIA am
Nordpol Getreide angebaut habe, um die Russen zu ärgern? Also,
das war so. ..
"Dinge sind Vorkommnisse. Zustände sind Prozesse. Vorgänge
sind Übergänge." meinte irgendwann und irgendwo einmal
Meister Hegel.
Ich bin mir zwar immer noch nicht genau im Klaren, was genau der
Maestro damit sagen wollte, aber so rein vom Gefühl her meine
ich's doch zu kapieren.
Als ich 1967 zur Linken stieß, wollten mich die einen mit
den Blauen BÄNDEN er(schlagen)ziehen und die anderen wiederum
wollten dies mit den Braunen BÄNDEN tun. Die kleinen ROTEN
will ich nicht weiter erwähnen, weil ich mit denen damals wenigstens
was anfangen konnte.
Einen "Prolli" zur damaligen Zeit zu besitzen, das war
schon was; und dazu noch einer, der sich nicht so "pöbelhaft
und brutal" wie die Staffelberger aufführte (die ihr mit
auf dem Gewissen habt), sondern sich so einigermaßen diszipliniert
was beibringen ließ.
DINGE: Die Gauloises habe ich damals nicht nur aus dem Grund geraucht,
um nicht aufzufallen, es war auch ne Menge Wichtigtuerei dabei.
Ich wollte mich dadurch auch abheben von dem Rest meiner (bürgerlichen)
Freunde. Der Hauch davon, daß ich mich in "gehobeneren
Kreisen" aufhielt, sollte schon durch den blauen Dunst aus
besagter blauer Schachtel zum Ausdruck kommen. .
Blaue Bände, braune Bände, rote Bände, Weiße
Bände, Mao- Schulung, Abstrahieren - sogar Steine. ..- Ich
bekams mit der Angst zu tun. Die Angst, nicht für voll genommen
zu werden, als Maskottchen der "Antiautoritäten"
gehalten zu werden, wie das ja hier und da geschah. Mein intellektueller
Rückstand wurde in dieser Zeit mein größtes Problem.
Lernen wollte ich ja was, aber ohne das entsprechende Hirnschmalz.
..
Genossen/innen von euch halfen mir über diesen schwierigen
Punkt hinweg. Sie konnten aber dabei nicht verhindern, daß
ich, obwohl ich viele Komplexe verlor, mir was für Notfälle
(für Intellektuelle) parat gelegt hatte: fühlte ich mich
irgendeiner Sache nicht gewachsen, überdeckte ich es damit,
daß ich den "Breiten" spielte.
Zustände
Die antiautoritäre Bewegung trug sich zu Grabe, die neue Linke
entstand mit den alten Fehlern, was sich aber jetzt erst so nach
und nach konkretisiert. Auch ich wurde (und ging) mit in die neue
Linke übernommen, die für mich nichts Neues beinhaltete,
außer, daß das Kind jetzt viele Namen hatte und die
wechseln verwirrend oft. Teilweise samt Inhalt.
War die Sonne rot, weil der Chef in P. das sagte, so war sie rot.
Und meldete der Chef, daß sie nun blau sei, dann vermeldete
z.B. eine Buchhandlung in Ffm - mit ausgezeichnetem Capuccino -
die Sonne im Osten ist blau.
Das verwirrte mich alles schrecklich. Eine blaue Sonne, wo gibts
denn das. Ich beschloß, daß es an der Zeit sei, die
Theorie etwas mehr zu vernachlässigen (mehr als ich es eh schon
tat) und mich mehr der Praxis zu widmen. Ich spielte den "Breiten"
und ab und zu auch ein bißchen "Django" (- nicht
so omnipotent, wie ihr das jetzt darzustellen versucht, gelle, liebe
Freunde von der ehemaligen "Putzgruppe" u.a. Eure breiten
Schultern übernehm ich nicht auch noch), Kritik an meinen Verhaltensweisen
haben die wenigsten von euch geübt, zumindest nie öffentlich
oder auch mir gegenüber. Ihr habt nämlich Genossen wie
mich gebraucht und gebraucht sie noch immer, nun andere. Ich weiß,
ihr streitet das vehement, empört und vor allem lautstark ab.
(Ich bin müde, hundemüde und traurig um noch Energie aufzubringen,
meine EMPÖRUNG über eure eigene Zerrissenheit hier zu
Papier zu bringen).
Ich habe beim Flicken eurer alten Autos, zum Entfernen des Hinterachsensplints
einen Hammer (und Meißel) benutzen müssen. Ich war körperlich
nämlich nicht in der Lage, das ohne ihn zutun. Ich brauchte
eine Kraftübertragung. Ihr habt bei mir zu Hause oder anderswo
immer dann angerufen, wenn es galt, Demos, Hausbesetzungen, Straßenschlachten
oder ähnliche "Vergnügungsveranstaltungen" zu
organisieren und durchzuführen.
Ich kann mich nicht daran erinnern, und mein Gedächtnis funktioniert
ausgezeichnet, daß einer von euch - die ihr mich am liebsten
in die Büchse der Pandora verwandeln würdet - mich jemals
angesprochen hat um zu sagen: Jochen, wir müssen mal quatschen,
über dich; oder mir dies oder jenes Buch zum Lesen angeboten
hat. Nun kommt bloß nicht und sagt, das hätte der ja
sowieso nicht gemacht. Es haben doch eine Handvoll Genossen/innen
in Ffm. versucht, mich aus dem Dilemma des Handarbeiters wieder
rauszuzerren. Fragt sie mal, ob ich ihre Bemühungen negiert
habe. Damit komme ich zu
Vorgänge
Natürlich war es für mich, ebenso wie für euch,
wesentlich bequemer, den Dingen ihren Lauf zu lassen: Ich stehe
auf der richtigen Seite, was soll's, wenn's am theoretischen Gerüst
mangelt. Ich war "schon immer ein großmäuliger Angeber
und Schwätzer" schreiben und sagen viele von euch heute.
Ja, bitte schön, Genossen/innen, dann sagt mir doch mal, warum
ihr mich zu allen klandestineIl, wohlgemerkt klandestinen Demo-
Hausbesetzungs- Straßenschlachten- Vorbereitungszirkeln geholt
habt; Vorbereitungszirkel, die damals leicht hätten kriminalisiert
werden können, wäre ein Typus von Genosse drin gewesen,
als welchen ihr mich jetzt auf einmal hinstellt. Ein Typus von Menschen,
die wir ja tatsächlich in der Bewegung hatten, und die wir
auch rausgeschmissen haben. (Was nicht verhinderte, daß Genossen/innen
z.B. von der Roten Hilfe durch so einen mal fast geschlossen in
den Knast wanderten; mich eingeschlossen. Obwohl er wirklich haarsträubenden
Unsinn erzählte.) BUDDY, den ich immer wieder rausschmeißen
wollte, und bei dem ihr immer beide Augen zugedrückt habt,
obwohl er euch den letzten Pfennig dafür auch noch klaute,
ist also ein Ehrenmann. Zum Beispiel. Nun hat er seinen Dank auf
die ihm spezielle Art zum Ausdruck gebracht.
Ach, Genossen/innen, warum sagt ihr denn erst heute, was ihr schon
immer über mich zu wissen glaubtet?
Ich will euch sagen warum: Weil ihr Angst habt, euch mit dem auseinanderzusetzen,
was ich euch an Informationen, an schrecklichen Wahrheiten ungeschminkt
auf euren schwerfälligen Tisch knalle. Ihr nehmt sie auf, lest
sie (auch ... ach, Sch. ..) und stempelt sie als Terror- Horror-
Stories ab, weil ihr aus eurer abgekapselten steril krankhaften
Vorstellungswelt nicht herauskriegen wollt. Angst, daß unsere
große Familie, mit einigen schrecklichen Mitgliedern, in Bewegung
kommt, vielleicht zerfällt. Sie sind ein Teil von uns, sagt
ihr immer wieder; ich habe diesen Teil bei mir amputiert. Was nicht
heißen soll, daß mich an diesem nun überflüssigen
Gliedmaß nichts mehr interessiert. Das, was dem Herrn Sonnenberg
nach seiner Verhaftung widerfahren ist, hat mich ganz entsetzlich
aufgeregt, und ich habe meine Betroffenheit darüber geäußert.
Ob das nun dem Herrn Sonnenberg paßt oder nicht. Informationen,
die das A und 0 jeder Auseinandersetzung beinhalten, kehrt ihr obwohl
ich sicher bin, daß ihr mir insgeheim glaubt - Informationen
also, kehrt ihr um in Terror- Horror- Stories, geile Waffen- Histörchen
und in Counter- Insurgency - das neue Modewort nach systemimmanent.
Genossen/innen. politisch bombt, massakriert, schießt, entführt
und rekrutiert ihr schon lange mit. Und wie sollen da ausgerechnet
die jungen Genossen, die studentischen wie die proletarischen, die
verwirrt sind, nicht mehr wissen, wo's lang gehen soll, die Balance
kaum noch halten können zwischen politischer Arbeit und dem
sogenannten Untergrund, woher sollen die ihr Gleichgewicht wieder
finden? Von diesem "'freiheitlichsten'" Staat, den es
je auf Deutschem Boden gab?
Nein, natürlich nicht.
Durch euch?
Genossen/innen, ich kann gar nicht so viel fressen, wie ich kotzen
möchte. Ich bin total von meinen "Vorgängen"
abgekommen; hab noch gar nicht angefangen. Ich will es auch sein
lassen. Ich habe keine Lust mehr mir stundenlang an dieser Maschine
das Hirn hier zu zermartern, über Formulierungen für diesen
Text den ihr wahrscheinlich eh nur als Makulatur verwendet.
Warum ich dann überhaupt schreibe? Damit dieser verdammte
Deckel schließt. Nicht wegen Public- Relations in eigener
Sache; in meiner Situation kann man sich so was nicht leisten. (Womit
auch die Public- Relation nun (für mich jedenfalls) erledigt
ist).
Zum großmäuligen Verräter und zum Verrat noch einige
Anmerkungen/Fakten. Ob ihr sie zur Kenntnis nehmt, und, was wichtiger
wäre, sie endlich mal in die bitter notwendige Auseinandersetzung
einbringen wollt, ist nun nicht mehr mein Bier. Ich begrabe mich
gleich, denn ich will leben!!!!!
"Durch Kleins Ausplaudern internationaler Verbindungen. ..ist
die RZ zur internationalen Terrorgruppe hochstilisiert.'
(Schon wieder die Frage) Ja, was denn nun, Genossen/innen vom Pflasterstrand/
eine Fraktion: Habe ich nun verraten, konkret verraten oder bin
ich der Django, der den Breiten macht und ein großes Maul
hat. Verdammt noch mal, wenn ihr schon so einen Unsinn zusammenschustert,
dann doch nicht so, daß man vor lauter Widersprüchlichkeit
des Textes überhaupt nicht mehr durchblickt, was ihr überhaupt
wollt. Was wollt ihr? Alles könnt ihr nicht mehr haben; die
Zeiten sind (für die nächste Zeit wenigstens) vorbei.
Das zum einen.
Ausplaudern internationaler Verbindungen:
Die Informationen, die ich gegeben habe, bezeichnet ihr als "potentielle
Informationen für die Gegenseite", als "relevant
kriminalistisch verwertbar". Für wie blöd haltet
ihr eigentlich die BRD, wenn ihr offensichtlich selbst nicht dran
glaubt. 1984 nur mit meiner Hilfe, oder wie?
"Ich allein wertvoller als PIOS" (Welt vom 17.8.78),
das würde Mister Computer nicht überleben, wenn ich seiner
Geliebten die Schau stehle. Aber Genossen/ innen, ihr wißt
es auch besser, daß ihr euch in die Tasche lügt, daß
ihr anderes übertünchen wollt damit.
Ihr habt einige Informationen, die ich herausgelassen habe, schon
lange vorher gehabt, euch nur nicht getraut, euch mit diesen auseinanderzusetzen.
Einige andere (Infos) kennt ihr nicht, dafür aber die Bullen
oder die Geheimdienste. So zum Beispiel die Mossad.
Eigentlich langweilt es mich ganz entsetzlich, euch das nochmal
hier vorkauen zu müssen (vor allem, weil ihr's ja auch selbst
wißt) aber:
"Schwierig ist es, diejenigen zu belehren, auf die man zornig
ist. Es ist aber besonders nötig, denn sie brauchen es besonders."
Den kennt nicht nur ihr: B. Brecht.
Als ich nach diesem Wahnsinn in Wien in ...ankam, wurde mir erzählt,
daß ein Kommando überfällig ist. Zu diesem Kommando,
daß in Nairobi verhaftet wurde, gehörte neben Deutschen
auch ein Vertrauter von Wadi Haddad. (Ein gutes halbes Jahr später
stand in allen Zeitungen, daß dieses Kommando in Nairobi mit
Sam-7-Raketen ein Verkehrsflugzeug der EL AL runterschießen
wollte.) Darüber hatte ich in meinem Buch geschrieben. Weil
ich den Mythos zerstören will, daß (u.a.) die Aktionen
der Guerilla "von Liebe und Solidarität" geprägt
sind. Ein israelisches Zivilflugzeug abzuschießen (zu wollen),
ist eine Politik des Massakers, und Genossen/innen, nehmt das doch
mal Zur Kenntnis, daß so was KEINE antizionistischen Aktionen,
sondern ANTISEMITISCHE Schweinereien sind. und an so was beteiligt
sich WESTDEUTSCHE Guerilla.
Ihr habt diese Zeitungsberichte zur Kenntnis genommen wie die Ergebnisse
der Bundesliga; aber die verarbeitet ihr wenigstens noch.
Wadi Haddat war wegen der Überfälligkeit seines Vertrauten
sehr beunruhigt, weil dieser naturgemäß eine Menge Sachen
wußte. Inzwischen haben die Israelis die Karten ein wenig
geöffnet, was sie mit ihnen gemacht haben - unter anderem nämlich
gefoltert um Infos zu kriegen. Das Kommando ist in einem israelischen
Knast und man gab sogar offen zu, es gefoltert zu haben. Zu einem
Zeitpunkt also, wo ich noch bei Haddad saß und keine internationalen
Verbindungen ausplaudern konnte.
Die Mossad (u.a.) wußte zu diesem Zeitpunkt mehr über
internationale Verbindungen und über Haddad als ich und weiß
es auch heute noch. Denn Haddad hat sich nicht vor mich hingestellt
und gesagt: Hier bin ich, ich kann nicht länger schweigen.
Es ist doch klar, daß die Israelis schnellstmöglichst
alles an Informationen aus ihren Gefangenen rausquetschen, auch
und gerade über internationale Verbindungen, u.a. auch zur
"RZ".
Das Copyright, internationale Verbindungen aufgedeckt oder Guerilla
zur internationalen Terrorgruppe hochstilisiert zu haben, bei mir
zu suchen und zu finden? Das Kommando in Nairobi war nicht das einzige,
das sich die Israelis zur Brust genommen haben, und auch das wißt
ihr, wenn auch nicht alle Details, die die Bullen wissen. Einen
Teil dieser Details kenne auch ich, und die habe ich, ohne zu verraten
- wie kann man Verratenes verraten - euch mitgeteilt, um eure geschlossene
Vorstellungswelt mal aufzuknacken. Eine Vorstellungswelt, die die
Realitäten einigermaßen genau kennt, aber negiert und
verschweigt.. Die Angst setzt ihr um in das neue Allheilmittel Counter-
Insurgency. Ich wiederhole mich, ich weiß. Ich warte auf den
Tag, wo ihr behauptet, daß ich gar nicht bei der OPEC dabeigewesen
bin. Ich würde mich nicht darüber wundern.
Da wurden (und auch das stand wie gesagt in den Zeitungen) Anfang
76 auf dem Tel Aviver Flughafen zwei Holländer verhaftet. Oder
die beiden Palästinenser in Istambul. Nachdem diese Neuauflage
von Bahnhofsrampen- Selektion, hier Flughafengebäude Entebbe,
beendet wurde, an dem zwei Deutsche beteiligt waren, Mitglieder
der "RZ", die sich doch ach so hoffähig gibt, gab
es einige Zeit später eine sogenannte Vergeltungsaktion von
Haddat.
Die beiden palästinensischen Genossen sollten schlicht und
einfach ein Massaker unter den wartenden EL AL Fluggästen anrichten.
(Das wissen auch die Bullen, haben schließlich genug Zeit
gehabt, sie zu fragen). Das Massaker ist ihnen auch zum Teil gelungen,
wenn auch Haddad fürchterlich darüber geschimpft hat,
daß das a. kein Massaker war, wie er sich das gewünscht
hatte, und b. die beiden noch leben, obwohls ganz anders befohlen
war. ("Der palästinensische Revolutionär Wadi Haddat
hat im Rahmen dieses Konzepts...eine große Bedeutung"
Originalton RZ)
Indeed!! !
Die beiden saßen also auch, und auch ihnen wird man Fragen
gestellt haben. Fragen, die sie schnell beantwortet haben dürften,
als türkische Sicherheitsbehörden dies auf ihre altbekannte
Art und Weise angingen. Folterten. Oder, Genossen, darf das jetzt
nicht stimmen. Weil es klarmacht, was euch eh klar ist. Daß
man für alle Infos nicht warten mußte, bis der Herr Klein,
dieser Frankfurter Schwätzer und Django, mal großmäulige
Interviews gibt oder angekündigte Großwerke verlegen
läßt.
Ebenso, wie man sicherlich neue Fragen an das Nairobi- Kommando
und die Holländer gestellt haben dürfte. Massive Fragen
über die toten Terroristen in Entebbe - man hat sie ja ED-
behandelt - ebenso wie über die beiden gefangenen Lebenden
von Istanbul.
Über Zusammenhänge und Verbindungen. Auch und vor allem
die Internationalen. Soll auf einmal nicht mehr gelten - natürlich
nur für meinen Fall - was Ihr sonst immer hundertprozentig
wißt und verkündet: daß man Gefangene, noch dazu
Terroristen (ich weigere mich, Genossen zu sagen; es sind nicht
meine Genossen) gerade in der Türkei und in Israel foltert.
Euch paßt es besser in den Kram, den sonst so gräßlich
schrecklichen Geheimdiensten eine taktische Pause der humanitären
Nostalgie zu verordnen, um mir ja nicht Glauben schenken zu müssen.
Diese schrecklichen Wahrheiten aufzunehmen und sie in politisch
fundierte Kritik umzusetzen, das, Genossen/innen, das ist Euch ein
solch bedrohlicher Vorgang, lieber macht Ihr dann einen zum Verräter,
von dem Ihr genau wißt, daß er keiner ist.
Einige von Euch haben ja auch Übung drin. Als es Euch unerklärlich
war, warum Genossen, die angeblich die Selmi- Bank anstecken wollten,
wieder freigelassen wurden, "klärtet" Ihr das Unerklärliche:
Ihr machtet einen zum Verräter, schicktet ihm gar Drohbriefe
ins Haus, daß er ruckzuck aus Frankfurt zu verschwinden habe,
sonst passiere fürchterliches. Daß der Genosse diesen
Vorwurf nicht überwinden konnte und einen Selbstmordversuch
unternahm, das habt Ihr, die Ihr alles zu wissen glaubt, die Ihr
die Weisheit mit Löffeln zu essen scheint, und sie in Form
von scharfsinnigen - politischen, versteht sich - Analysen wiedergebt,
natürlich nicht gewollt. Gekümmert habt Ihr Euch auch
nicht darum. Weder davor, und noch nicht mal danach. Ihr werdet
Eure Betroffenheit äußern, wenn er in den "Untergrund"
verschwindet. Doch Betroffenheit löst keine Probleme; diese
schon mal gar nicht. Sie verhüllt und verschleiert. Sie macht
den Wahnsinn dessen, was sich ehemalige Linke leisten, manifest,
alltäglich. Der Wahnsinn dogmatisiert sich. Er wird ein Teil
Eures Alltags, den Ihr, natürlich, was auch sonst: BEDAUERT.
Ihr seid "entsetzt, über die Art und Weise, wie ich die
Auseinandersetzung führe".
Genossen/innen, ich bin entsetzt über die Art und Weise, wie
Ihr Euch zu herumfliegender Hirnmasse, abgerissenen Gliedmaßen
oder "sauber" profihaft produzierten Leichen der Guerilla
verhaltet.
Ihr erschreckt. Warum?
Ihr äußert Bedauern. Warum?
Ihr murmelt Betroffenheit. Warum? Warum schreit Ihr nicht? Warum
brüllt Ihr nicht? Warum geht Ihr so schäbig mit der Wahrheit
um? Warum?
Es ist eine elendigliche Wahrheit, ich weiß. Aber gerade
deshalb muß man sie sezieren, analysieren und einbringen in
die Auseinandersetzung, die seit über zehn Jahren im Koma liegt.
Oder stellt die Maschine endlich ab, mit der der Corpus delicti
am Zucken gehalten wird. Das ist dann wenigstens ehrlicher.
Ich hab gerade den Deckel genommen und geprüft, ob er paßt.
Fast.
Komme ich also zum Schluß, damit Ihr ihn endlich los seid,
diesen Nestbeschmutzer. Von mir aus auch das andere. "Verrat
ist nicht mein Job" ..."verkündet Exterrorist H.J.
Klein jedesmal treuherzig" (Arbeiterkampf Nr. 135).
Ich verkünde überhaupt nichts mehr. Das zum einen. Und
zum anderen: Seht Euch doch mal, liebe Genossen vom Arbeiterkampf,
die Realitäten an. Falls Ihr vor lauter Mossad und Kibbuzim
kein Land mehr seht, will ich sie Euch nochmals vor Augen halten.
Ansonsten: schalom!
Wenn ich "alles, aber auch wirklich alles ausgepackt habe"
(AK, Nr. 135), warum, bitte schön, sitzt die RZ beispielsweise
noch nicht hinter Schloß und Riegel oder ist zumindest geschlossen
abgetaucht? Bis jetzt geschah weder das eine noch das andere.
Warum, bitteschön, ...ach ich bin's leid!
Das ist natürlich alles ein hundsgemeiner Trick der Mossad
und von Klein. Basta! Felix Gaudia!
Verhindert habe ich Galinsky und Libinsky; verhindern durch meine
Bekanntmachung wollte ich Wiesenthal (Pillen- Paul war ad acta gelegt),
hops- nehmen der EWG- Ministerratssitzung, Beschießung des
Bundestages während einer Sitzung, usw. .(Hirngespinste eines
Großmauls. Ach, leckt mich. ..)
Wenn Ihr das Verrat nennt, diesen Wahnsinn zu verhindern oder verhindert
zu haben, ...
Ich bin fertig, Genossen/innen, nicht nur mit diesem Brief. Aber
nicht so, wie sich das einige bei dem Wort "fertig" jetzt
freudig denken mögen.
"Ich will auch keine Briefe mehr schreiben. Wozu soll ich
jemandem sagen, daß ich mich verändert habe? Wenn ich
mich verändere, bleibe ich ja doch nicht der, der ich war,
und ich bin etwas anderes als bisher, so ist klar, daß ich
keine Bekannten habe. Und an fremde Leute, an Leute, die mich nicht
kennen, kann ich unmöglich schreiben."
Rilkes "Malte"
Es tut mir nicht leid, daß ich nicht so ausgeklügelte
Stellungnahmen, Interviews, Bücher oder Briefe wie ihr schreiben
kann, keine gekonnten Analysen einfliessen lassen kann.
Aber es tut mir leid, daß ich nicht die Fähigkeit besitze,
den Intellekt aller unserer bzw. eurer theoretischen Köpfe
nur für einen Tag in meinen bescheidenen Hirnapparat zu quetschen.
Oh, ich Würde mir die Seele aus dem Leib schreiben
Komplexe?
Oh nein, ganz gewiß nicht: denn ihr würdet auch dies
in der Luft zerreißen. Kritisch, versteht sich; politisch,
versteht sich.
Wißt ihr was: ich sage wieder "Vergewaltigung".
So, das war's. War zwar nicht alles, aber ich habe Wichtigeres
und Sinnvolleres zu tun.
Als erstes werde ich jetzt mein Grab zuschaufeln, ohne zu vergessen,
den Deckel, der nun paßt, auf den Mülleimer meiner (unserer?)
Geschichte zu drücken.
Und dann werde ich leben; bescheiden, aber leben! Und all die Sachen
nachholen, die ich nach diesen neun Tagen des Schreibens, Überlegens,
der Traurigkeit und der Wut so sträflich vernachlässigt
habe. Unnötig vernachlässigt habe, oder?
Ich werde einen lang versprochenen Brief zu Ende führen, den
ich an einen neuen Freund (oh ja, die gibts) schreibe, und der halt
nicht ruckzuck von der Feder geht.
Ich werde mir die vier Balladen von Chopin in einer Aufführung
mit Vladimir Ashkenazy (kein KGB-Agent, ehrlich) zulegen und mir
irgendwann mal eine Biographie von Chopin zur Brust nehmen. Es interessiert
mich, was ein solcher Mensch wohl gewesen war, der so schöne
und zärtliche Stücke erfunden hat (Ich würde gern
Piano spielen Lernen/ können).
Dann werde ich Erklärungen finden müssen, warum ich in
den letzten Tagen so wenig Zeit hatte. Das wird nicht einfach sein,
weil ich viele Lügen erzählen muß. (Die Zukunft
auf einem Lügengebilde der neuen Identität aufgebaut.
Lügner, ja hier stimmts.)
Ich werde auf die Genossen/innen warten, die kommen - die "Jemande"
sind tot, es leben die Genossen. Die "Jemande" und ich
haben das Gröbste geschafft, ich stehe dank ihrer Hilfe, wenn
auch noch wackelig ab und zu. Da packen nun halt die Genossen/innen
mit an, stützen und ihnen diesen Brief hier mitgeben zur Veröffentlichung.
Sie werden nicht begeistert sein, daß ich das Handtuch schmeiße.
Vielleicht meinen sie auch, was ich auch schon überlegt habe,
daß ich in der BRD kein Forum finden werde (bei der Linken),
dies hier zu veröffentlichen.
Nun, ich werde mich bemühen, dann ein anderes zu finden. Nein,
ganz gewiß nicht die Bunte Illustrierte.
Ich werde nicht apolitisch werden, wie mir das schon jetzt einige
von euch unterjubeln wollen. Ich werde politische Diskussionen haben
und führen mit Genossen/innen und auch "Nicht- Linken",
mit denen ich sie führen will und sollte: auch welchen aus
Ffm., nach deren Curry- Wurst -Bude ich mich tatsächlich sehne.
Nicht (mehr) nach euch, ihr seid so bitter fremd geworden!
Ich werde euch noch einen Wunsch mitteilen, den mir Leute mit auf
den Weg gaben, als ich sie verließ. Leute, die ihr, ohne lange
zu fackeln, in eure Emanzipationsmaschine "Counter- Insurgency"
stopft. Mir waren sie außerordentlich sympathisch und menschlich.
Die Peinlichkeit der morgendlichen Kriegserlebnisberichterstattung
- sie war ein Teil des Menschlichen. (Wir schwärmen oft von
unseren (Straßen-) Schlachten; oder tu das nur ich'?)
Ich wünsche euch, daß ihr das Richtige tut!
Ich tu, was ich tu, und ihr tut, was ihr tut.
Ich bin nicht auf dieser Welt,
um nach euren Erwartungen zu leben.
Und ihr seid nicht auf dieser Welt,
um nach den meinen zu leben.
Ihr seid ihr, und ich bin ich.
Und wenn wir uns zufällig finden
- wunderbar.
Wenn nicht, kann man auch nichts machen.
(Der Spruch war eigentlich für nen anderen Zweck gedacht,
aber bei euren Interpretationskünsten paßt er auch hier
her.)
Was das jetzt die - blindwütige, versteht sich Generalabrechnung?
Kommt jetzt die große Auspacke'? Na, dann packt mal ein! Schnell!
Von einem, der auszog und das Fürchten lernte oder Menschlichkeit,
was ist das eigentlich'? Dafür kämpften wir doch auch?
Jochen
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