An die Bild- Zeitung Hamburg
Herrn Herold persönlich, im Hause
Wie ich unter die Guerilla fiel - ein Bericht, aus dem vollen
Leben geschöpft
Ich habe viel zu lange geschwiegen - jetzt muß ich reden.
FREUNDE, Genossen, haben geholfen, meine Zunge zu lösen, die
im Eishaus des Untergrundes erstarrt war. Und jedesmal, wenn sich
der Schlüssel im Schloss drehte und meine FREUNDE zu einem
gemütlichen Plausch hereinkommen, bin ich aufs Neue von Dankbarkeit
erfüllt gegenüber denen, die mich so selbstlos und unter
Lebensgefahr aus den Krallen der blutsaugenden Bestie Guerilla gerettet
haben.
Es hat Zeiten gegeben, da war ich noch mitten drin im fröhlichen
Frankfurter Leben, mitten unter euch. Es waren Jahre der Heiterkeit
und der Liebe, und in jeder Kneipe herrschte echt revolutionäre
Stimmung. Ihr, die ihr mich kennt, wisst, daß ich mit Militanz
nichts im Sinne, hatte. Deshalb auch die große Bestürzung,
als ich so plötzlich scheinbar in die Arme der Guerilla lief.
Den meisten ist das sicherlich schon damals nicht geheuer gewesen:
das war doch nicht der H. J. Groß, den ihr gekannt habt! Ich
kann euch versichern, ich bin schuldlos in die Sache hineingeraten.
Eines nachts lag ich nichtsahnend und schlafend in meinem Bett,
als es heftig an die Tür klopfte. Schlaf trunken öffnete
ich. Sofort drangen, mit gezogenen Pistolen, drei Personen in die
Wohnung. Zuerst dachte ich: " Mensch, die Bullen ! ". Aber dann
bemerkte ich, daß unter den bewaffneten eine Frau war - und
von einer Frau beim MEK hatte ich noch nichts gehört. Und außerdem:
was für eine Frau! Ihre militärisch geschnittene Bluse
stand weit offen - und wie sie die Pistole hielt, war irgendwie
obszön, wie ein Phallussymbol.
Die drei drängten mich wortlos in mein Zimmer, zwangen mich
zum Hinsetzen und nahmen ihre Masken ab.
Einen erkannte ich sofort: es war Haag, mit schlecht sitzender
Perücke und vorgetäuschter Zahnlücke. Der andere
war ziemlich klein und schmächtig, mit eingefallenen Wangen,
flacher Nase und tiefen Augenringen. So tarnt sich nur einer: C
, der Mann, der überall ist!
Was dann folgte, habe ich immer und immer wieder aus meinem Gedächtnis
zu verdrängen versucht. Aber es gelingt mir nicht.
Die drei machten mir klar, daß ich nur eine Wahl hätte:
entweder mitzumachen oder aber .........
Ich hab mich gewehrt, stundenlang, mit allen Argumenten. Es half
nichts. Als sie merkten, daß sie nicht weiter kamen, blickten
sie mich stumm an. Dann nickte C .Ich glaubte schon, mein letztes
Stündlein hätte geschlagen. Aber es kam anders.
Die beiden Männer erhoben sich schweigend und gingen hinaus.
Die Frau hielt weiter die Waffe auf mich gerichtet. Dann, nachdem
sie bis jetzt geschwiegen hatte, zischte sie: "Zieh dich aus !".
Zitternd vor Angst gehorchte ich. Ohne die Pistole aus der Hand
zu legen und mich starr fixierend, schälte sie sich langsam
aus ihrer Ledermontur. Dann warf sie sich über mich.
Ich hatte schon gehört, daß diese zu den bewährtesten
Rekrutierungsmethoden der Guerilla gehört. Aber was in dieser
Nacht geschah, übertraf alle meine Erwartungen äh Befürchtungen.
Wenn meine Kraft nachzulassen drohte, richtete sie ihre Waffe auf
mich und herrschte mich an: "Los, noch mal !". Irgendwann verlor
ich das Bewußtsein.
Die Frankfurter Morgensonne, zum letzten Mal, fand mich gebrochen.
All meine Widerstandskraft war dahin. Ich war süchtig geworden
nach dieser Frau, auch wenn die höhnischen Blicke der zurückgekehrten
Männer und ihre niederträchtigen Bemerkungen mich demütigten.
Ich mußte eine Zahnbürste einstecken und dann schleiften
sie mich zu einer schnellen Limousine, die mit laufendem Motor am
Straßenrand stand. In rasender Fahrt verließen wir Frankfurt.
Im Fond des Wagens wurde mir Unterricht erteilt von der üppigen
Frau- und nicht nur im Handhaben von Maschinenpistolen und Bomben.
Am Ziel angeIangt, stießen sie mich hinaus. Meine Waffe war
besonders präpariert: durch eine Fernsteuerung schoß
sie, ohne daß ich den Abzug berührte. Vor mir sanken
Frauen, Kinder und Greise blutend auf das Pflaster.
Ich wußte überhaupt nicht, wo wir waren und welchen
Sinn die Aktion haben sollte. Ich wollte die Waffe wegwerfen, doch
plötzlich tauchte aus dem Pulverdampf der Schatten eines meiner
Peiniger auf. Er er kannte mein Vorhaben, das Mündungsfeuer
blitzte auf und ich fiel getroffen auf die Knie.
Irgendwann sah ich das gütige Gesicht eines Schutzmanns über
mir. Glücklich dachte ich:
"Es ist vorbei" und sank in selige Umnachtung.
Als ich die Augen wieder aufschlug wußte ich zunächst
nicht, wo ich war. Das Dröhnen schwerer Motoren brachte mich
jedoch bald in die grausame Wirklichkeit zurück:
Ich war an Bord eines Flugzeugs, das die Mörder und mich,
ihre Geisel, in ein fremdes, wildes Land brachte. Sie hatten mich
aus dem Krankenhaus herausgepreßt, weil ich ihnen zu wertvoll
war:
Ich hatte nämlich noch die Frühstücksbrote (Lachs
und Kaviar) in meiner Jackentasche.
Wir landeten in Grönland. Und hier begann der zweite Teil
meiner Leidensgeschichte. Ich wurde einer Gehirnwäsche ohnegleichen
ausgesetzt. Tagsüber, manchmal bis zu 14 Stunden ohne Pinkelpause,
mußte ich mit Dutzenden anderer Leidensgenossen in den harten
Bänken einer Guerillaschule sitzen und die Worte des "Großen
Helden der Weltrevolution, Josef Stalin" auswendig lernen. Wer versagte,
wurde in den kleinen Innenhof der Festung hinaus geführt. Dann
ratterten MP- SaLven. Stille....
Ich hielt durch. Mit eisernem Willen schaffte ich es, sowohl die
stalinistischen Litaneien über mich ergehen zu lassen, als
auch das Gefasel von Liebe und Solidarität, das Übelkeit
in mir aufsteigen ließ.
Auch wenn nachts das Satansweib in den Männerschlafsaal stiefelte,
blieb ich kühl bis ans Herz. Ich hatte nur einen Gedanken:
Flucht !
Wiederholt versuchten meine Schinder, mich auf ihr Eis zu locken.
Man machte mir verlockende Angebote: wenn ich mich nicht in der
Lage fühlte, die Damen und Herren zu unterstützen, würde
man mir eine neue Identität, einen sicheren Aufenthaltsort
und Geld verschaffen. Doch darauf fiel ich nicht herein.
Ich wußte: ihre scheinheilige Freundlichkeit sollte mich
nur dazu verleiten, mein Innerstes preiszugeben. Wer das Angebot
annahm, wurde mit Umarmungen verabschiedet. Doch die Mafia küßt
ihre Opfer auch, bevor sie niedergemetzelt werden.
Als ich spürte, mich nicht mehr viel länger zurückhalten
zu können, lief mir ein FREUND über den Weg. Er ermöglichte
meine Flucht gerade noch rechtzeitig. Ich sollte nämlich wieder
eingesetzt werden, obwohl ich mich unter tausend Ausflüchten
zu drücken versuchte. Sie wollten mir sogar einreden, ich sei
selbst scharf auf die Aktion, weil ich beweisen wolle, was für
ein toller Kerl ich sei. Aber das zog natürlich nicht.
Aus einem FREUND sind viele FREUNDE geworden und sie wollen mir
nun helfen, vor der blindwütig umhertappenden Bestie Guerilla
verborgen zu bleiben. Denn ich weiß, wenn die mich erwischen,
legen sie mich kaltblütig um, so wie sie es damals, bei der
ersten Aktion, schon einmal versucht haben.
Ich will auch andere davor bewahren, in die Falle zu tappen - unter
anderem mit den umfangreichen Aufzeichnungen, die ich heimlich während
meiner Haft gemacht habe. Und meine FREUNDE haben auch so ihre Methoden,
den Sumpf endlich auszutrocknen. Das nur zur Warnung.
Jeder, der jetzt noch Sympathien mit der Feld-, Wald- und Wiesenguerilla
empfindet, soll sich darüber im Klaren sein, daß er entweder
von seinen "Genossen" erledigt wird oder daß meine FREUNDE
ihn erwischen.
Das ist die Alternative, die ihr habt, ihr Spinner!
|