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Kampagne gegen Bevölkerungspolitik, Gen- und Reproduktionstechnologien
Nach unserer politischen Trennung von den RZ 1984 entschieden wir
uns für eine Konzentration unserer Aktionen gegen Bevölkerungspolitik
und Gen-/Reproduktionstechnologien. Wir hielten und halten diesen
Themenkomplex für zentral im antipatriarchalen Kampf. Diese
Technologien vergegenständlichen ein patriarchales Gewaltverhältnis,
in dem die selbsternannten Herren der Schöpfung auf einer qualitativ
neuen Ebene menschliches Leben und Natur durchdringen, zerstören,
"Neues" kreieren, um Leben zu verwerten, den Profit zu
steigern und die Macht- und HERRschaftsstrukturen neu zu festigen.
Das dem zugrundeliegende patriarchale Fortschritts- und Technologieverständnis
bedeutet für die Menschen in den Drei Kontinenten und jetzt
auch in Osteuropa Vernichtung und Zerstörung von Überlebensmöglichkeiten,
bedeutet Zugriff auf das weibliche Reproduktionsvermögen, Betreibung
selektiver/ eugenischer Be- und Entvölkerungspolitik.
Dagegen hatten sich Anfang der 80er Jahre immer mehr FrauenLesben
engagiert, was kein Zufall war: FrauenLesben hatten den mit diesen
Technologien verbundenen Angriff auf sich deutlich wahrgenommen
und begannen, Widerstand zu organisieren. Weitgehend gemeinsame
Basis war zunächst die grundsätzliche Ablehnung der betreffenden
Technologien. Diese waren noch nicht ausgebaut und durchgesetzt,
und viele FrauenLesben(gruppen) waren - wie lange nicht mehr - bereit,
ihren Forderungen durch eine große Bandbreite von Aktionen
Nachdruck zu verleihen. Darin sahen wir die Chance, die Pläne
der Herrschenden zu durchkreuzen - da konnten und wollten wir uns
mit unseren Mitteln einmischen, den Widerstand unterstützen
und voranbringen. Wir wollten mehr als bisher: nicht nur demonstrieren,
daß militanter Widerstand von uns FrauenLesben möglich
ist, und einzelne Institutionen und Täterinnen exemplarisch
heraus- und angreifen, sondern tatsächlich Schaden anrichten
und Abläufe konkret stören, Entwicklungen verhindern.
Durch die längerfristige Konzentration auf den Themenkomplex
beabsichtigten wir, eigene inhaltliche Schwerpunkte zu setzen. Zum
Beispiel lag uns der 'internationale Aspekt', der aus der Bewegung
am ehesten rauszufallen drohte, besonders am Herzen. Wir wollten
die imperialistische Dimension des Patriarchats betonen und eine
Verbindung zu den Frauenkämpfen in Afrika, Asien, Lateinamerika
herstellen.
Ein anderer politisch zentraler Punkt war die Humangenetik in ihrer
eugenischen Ausrichtung, die eine Auseinandersetzung mit eigenen
Leistungs- und Gesundheitsideologien einschloß. Der Kampf
gegen Selektion und Ausmerze als gesellschaftliche Strukturprinzipien
war uns ebenso wichtig, wie die Technologien als Mittel zur Stabilisierung
von Heterosexualität und Mutterschaft als Norm für Frauen
zu begreifen.
Wir wollten die verschiedenen Dimensionen dieser Herrschaftspolitik
auf- und angreifen, unser Verständnis verdeutlichen, daß
es sieh nicht um eine "Ein- Punkt- Bewegung" handelt (Konzentration
auf einen isolierten gesellschaftlichen Herrschaftsaspekt, ohne
die politischen Zusammenhänge herzustellen), sondern um einen
Angriff auf Grundpfeiler patriarchaler Herrschaftsstrukturen und
-mittel.
Unsere inhaltlichen Vorstellungen drückten wir in folgenden
Angriffszielen aus: [12]
- März 1982: Schering - Duogynon, internat.
Bevölkerungspolitik/ Zwangsterilisationen
- April 85: Technologiepark Heidelberg - bio-
und gentechnologische Grundlagenforschung - Beitrag zum Kongreß
"Frauen gegen Gen- und Reproduktionstechnik" in Bonn,
August 85: Max- Planck- Institut Köln, Laborgebäude,
Züchtungsforschung, Genzentrum für 'Grüne Gentechnologie';
Züchtung 'politischer Pflanzen'
- August 86: Humangenetisches Institut der
Uni Münster, genetische und soziale Kontrolle, Selektionspolitik,
Eugenik; (Vernichtung von Forschungsunterlagen, Aktenklau und
Veröffentlichung)
- September 86: Gesellschaft für Biotechnologische
Forschung, Braunschweig
- Oktober 86: Genzentrum Berlin, Schering/
Grundlagenforschung März 88: Technische Universität
Braunschweig - Bio- Zentrum, Zusammenarbeit Forschung/Uni und
Industrie
Was haben Wir erreicht bzw. nicht erreicht?
Zunächst das Positive:
Für den Erfolg der Bewegung war sicherlich
die noch nicht vorhandene gesellschaftliche Akzeptanz der Technologien
von Bedeutung - sie waren neu, noch nicht durchgesetzt. Vor diesem
Hintergrund erhöhten sich die Chancen für die breite Schaffung
eines Widerstandes und/ oder einer grundsätzlich ablehnenden
Haltung in weiten Teilen der Bevölkerung.
Gerade durch das Zusammenspiel der verschiedenen
Ebenen von FrauenLesbenwiderstand konnten Wir eine Stärke entwickeln,
die politisch und materiell spürbar wurde. Mehr und andere
FrauenLesben als zuvor begriffen militante Aktionen als richtigen
und notwendigen Teil der Bewegung.
Erfahrungen aus der FrauenLesbenbewegung und
der AntiAKW- Bewegung hatten gesellschaftlich zu einer differenzierten
Technologie- Kritik beigetragen, FrauenLesben entwickelten und verbreiteten
die feministische Grundsatzkritik am Techno- Patriarchat.
Die Betreiber sind unter einen nicht zu unterschätzenden
Legitimationsdruck geraten; eine gesellschaftlich breite Akzeptanz,
auf die Politik, Forschung und Industrie angewiesen sind, konnte
erstmal verhindert, die gesetzliche Absicherung einiger medizinischer
und Forschungsprojekte zeitweise blockiert werden; [13]
Investoren waren verunsichert, ob sie ihren Dreck in diesem Land
durchziehen könnten. Teilweise sind sie ins Ausland ausgewichen.
Einerseits war dies Ausdruck Unserer Stärke hier, andererseits
zeigte sich die Schwäche von national begrenztem Widerstand.
Die "Anti- Gen- und Reprobewegung"
ist mit viel Frustrationen zu Ende gegangen. Die Stärke der
Bewegung ist aus der zeitlichen Distanz heute klarer zu erkennen,
subjektiv dagegen hatten einzelne FrauenLesben im politischen Alltag
nicht das Erlebnis der gemeinsamen Kraft erfahren. Die Repression
[14] spielte
vielleicht bei einigen eine Rolle, reicht
aber als Erklärung nicht aus. Je mehr Wir über die Machenschaften
und die Dimensionen der Herrschaftspläne erfuhren und sie erfaßten,
desto hilfloser standen Wir den unzähligen 'Verästelungen',
den verschiedensten 'Unterthemen' gegenüber. Es erschien mehr
und mehr müßig, den immer neuen Entwicklungen hinterherzulaufen
und gegen sie spezielle Argumente zu sammeln, wo Wir doch wußten,
daß sie letztendlich nur eine Variante des gleichen patriarchalen
Drecks sind.
Die Erfahrung unserer eigenen Grenzen spürten
Wir in der zwar verlangsamten, aber kontinuierlich voranschreitenden
Durchsetzung der technologischen/medizinischen Projekte, begleitet
von einem ungeheuren Werbeaufwand sowie den Akzeptanz- und Befriedungsstrategien
von Staat, Wirtschaft und Medizin. Auch die Gegenseite hatte ihre
Erfahrungen mit den widerständigen Bewegungen gemacht und fuhr
den 'Dialog- und Einbindungskurs' mit den Kritikerinnen. Ängste
wurden aufgegriffen, vielen Frauen der 'Wind aus den Segeln' genommen
(viele haben ihn sich nehmen lassen). FrauenLesben wurden in das
bürgerliche Ritual von Kritik und Gegenkritik verstrickt, in
dem hinter dem Austausch scheinbar objektiver Argumente in TV- Shows
oder im Dialog mit einzelnen Institutionen- VertreterInnen und Wissenschaftlerlnnen
Unser subjektiver, eindeutig parteiischer Wille auf Befreiung allzu
leicht verschwand. Das betraf sowohl FrauenLesben, die diesen Weg
gegangen sind, um nicht in die Isolierung zu geraten und die Breite
der Bewegung zu erhalten, als auch Frauen, die mit einem reformistischen
Ansatz bewußt die Spaltung betrieben.
Auch inhaltliche Analysen haben zu kurz gegriffen.
Die zentrale Bedeutung der Reproduktion war uns z.B. damals nicht
so bewußt. Das drückte sich in unseren - noch stark von
einem traditionellen Antiimperialismus geprägten - Analysen
zur Bedeutung der Gentechnologie für die Landwirtschaften in
den Drei Kontinenten aus. Sie standen auf schwachen feministischen
Füßen: wir haben Gentechnologie in der industriellen
Landwirtschaft als Fortführung der Grünen Revolution mit
neuen Mitteln gesehen, in deren Folge die Ressourcen weiter zerstört
werden, immer mehr Land enteignet und Hunger produziert wird. Dagegen
sehen wir heute, daß die Zerstörung der vom Kapital nicht
vereinnahmbaren, in der Hand der Frauen liegenden Reproduktion die
grundsätzliche Voraussetzung für die Entmachtung der Frauen
und die ungehemmte Ausbeutung von Menschen und Ressourcen ist.
Ein weiteres Defizit lag unserer Einschätzung
nach in der zu selten gestellten Frage nach Verbindungen zu Frauen
aus anderen sozialen Zusammenhängen als den eigenen. Positiv
ist zu verzeichnen, daß sich in der Anti- Gen- und Reprobewegung
eine enge Zusammenarbeit mit den FrauenLesben aus der Krüppelbewegung
entwickelte und wichtige Impulse dieser FrauenLesben den Kampf radikalisierten.
Dagegen spielten die Lebensverhältnisse von proletarischen
Frauen und Immigrantinnen keine Rolle, Verbindungslinien wurden
nicht gesehen oder gezogen. Am Rande aufschimmernde Diskussionen
um die staatlichen Zwangsdurchsetzungen von z.B. pränataldiagnostischen
Untersuchungen gerade gegenüber Frauen aus proletarischen Zusammenhängen,
die der Technik erstmal indifferent oder ablehnend gegenüberstanden
bzw. diese nicht aktiv für sich forderten, verschwand sehr
schnell vom Tisch.
Die weißen Mittelschichtsfrauen, zu denen
Wir größtenteils selbst zählen, trugen/tragen den
Widerstand, aber aus den gleichen Kreisen wurde/wird die Durchsetzung
über die breite Nachfrage nach genetischen Untersuchungen aktiv
forciert.
Wir mußten feststellen, daß es viele
Frauen auf der individuellen Ebene nicht schaffen, sich dem gesellschaftlichen
und sozialen Druck (z.B. zur Anwendung von Pränataldiagnostik)
entgegenzustellen. Wir haben sowohl die technologische Durchdringung
unserer Gesellschaft unterschätzt als auch das Ausmaß,
in dem Wir die erlernten Denkmuster selbst verinnerlicht haben (Eugenik;
Umgehen mit Gesundheit und Krankheit; Rassismus). Auch in der radikaleren
FrauenLesbenbewegung existierte also die Widersprüchlichkeit
zwischen prinzipieller politischer Ablehnung und "privaten"
Überlegungen, ob eine individuelle Nutzung nicht doch möglich
und vertretbar sei.
Sicherlich trug die fehlende genauere theoretische
und strategisehe Bestimmung Unseres FrauenLesben- Kampfes zum Niedergang
der Bewegung bei. Dieser Mangel wird immer wieder dazu führen,
daß Niederlagen und "Krisen" zum Verlust der Zusammenhänge
und zur Aufgabe des Politikfeldes führen. Aufarbeitungen der
Erfahrungen finden kaum statt, werden nicht kollektiviert und können
dann keine neuen Impulse bieten. Das ist kein spezielles Problem
der Bewegung gegen Bevölkerungspolitik und Gen-/ Reproduktionstechnologien,
ist aber in diesem Zusammenhang zuletzt sehr schmerzlich deutlich
geworden.
Widerstand gegen jedwede Form der Bevölkerungspolitik
halten wir weiterhin für eine vorrangige Aufgabe.
Kontrolle und Gewalt über die reproduktiven
Fähigkeiten der Frauen zu haben/auszubauen, sie patriarchalen
Plänen zu unterwerfen, haben für das Patriarchat zentrale
Bedeutung. gerade weil Frauen sich nicht den staatlichen/männlichen
Forderungen unterwerfen, sich nicht widerstandslos dazu zwingen
lassen.
Bevölkerungspolitik bedeutet immer die
Sichtweise auf Menschen als demographische Größe; die
Planungen haben nie individuelle Bedürfnisse der Frauen oder
kollektive der jeweils betroffenen Gesellschaften im Sinn, sondern
richten sich gegen die Existenz von Menschen, die im imperialistischen
Patriarchat nicht verwertbar = nicht produktiv = überflüssig
sind - gegen die Armen in den Drei Kontinenten, gegen behinderte,
kranke, alte, leistungsverweigernde, Schwarze Menschen in der Metropole.
Die Programme zur Umsetzung der beiden zentralen
patriarchalen Interessen - Kontrolle/Gewalt und Verwertung/Vernichtung
werden ständig weiter betrieben, modernisiert und technisch
perfektioniert:
- Die staatlich und von internationalen Institutionen
(WHO bis Population Council) gesteuerten Familienplanungsprogramme
in den Drei Kontinenten setzen den Zwang zur Unfruchtbarkeit durch:
neben der Sterilisation werden Hormonimplantate und - zumindest
versuchsweise - immunologische Mittel, die sog. Antischwangerschafts"impfung",
eingesetzt, die Frauen langfristig oder auf Dauer die Möglichkeit
der eigenen Entscheidung für die Re- Generation nehmen. Gesundheitsschäden
der Frauen werden dabei bewußt in Kauf genommen.
Da alte Entvölkerungsprogramme
oft nicht den gewünschten Erfolg zeigten, knüpfen heutige
Programme stärker an Bedürfnissen der Frauen nach selbständiger
unschädlicher Regulierung ihrer Fruchtbarkeit/Verhütung
an; dieses Bedürfnis - durch die umfassende Vernichtung des
Wissens über traditionelle Mittel als Abhängigkeit erst
geschaffen - wird als Einfallstor zur Durchsetzung der Bevölkerungsdezimierung
genutzt.
- Bevölkerungspolitik wird heutzutage
zur Umweltpolitik erklärt (das betreibt z.B. auch der BUND,
der betont, daß 'Überbevölkerung als Umweltproblem
nicht vernachlässigt werden dürfe'). Militärs erschießen
Frauen beim Holzsammeln, weil der "tropische Regenwald als
Lunge der Erde" in den Blick geraten ist, der nun vor den
Armen "geschützt" werden muß. Sie - und nicht
etwa die Kapitalisten/Imperialisten - werden zu den "Umweltschädlingen"
erklärt. Wenn das Land, die Meere, die Bodenschätze,
die (Arbeit der) Menschen nicht mehr ausbeutbar sind, taugen sie
noch immer als Abfalleimer und Giftmülldeponie für die
reiche Welt. Nur die Menschen "braucht" mann nicht mehr.
In Steigerung der Konstrukte von "Überbevölkerung"
und "Bevölkerungsexplosion" wird nun ideologisch
die "B- Bombe" (= "Bevölkerungsbombe",
in Analogie zu B- Waffen = Biologische Waffen) erfunden,
die emotional die Angst des reichen Nordens vor dem Aufbegehren
der Menschen des armen Südens ausdrückt und schürt
und drastische Maßnahmen begründen soll.
Bis im September 1994 in Kairo die nächste
Weltbevölkerungskonferenz stattfindet, werden wir hier weiter
eine propagandistische Großoffensive gegen die definierte
sogenannte "Überbevölkerung" erleben. Wie
wirksam dieses Denken jetzt schon ist, zeigt sich bis in linksliberale
Medien (z.B. taz) hinein, die sich an der Beschwörung der
"Bevölkerungsexplosion" beteiligen.
- Gegenüber weißen Mittelschichtsfrauen
wird weiter Druck zur Fortpflanzung (auch: verinnerlichter Zwang)
ausgeübt und "modernisiert": das eigene Kind um
jeden Preis als kapitalistisches Warenangebot mit vorgeschriebener
Qualitätskontrolle. D.h. sowohl, daß der "Kinderwunsch"
vermarktet wird (technische Machbarkeit von Kindern trotz Unfruchtbarkeit,
Adoptionskinder nach Katalog) als auch, daß das Dogma, frau
ohne Kind sei nicht vollwertig oder könne nicht erfüllt
leben, neu belebt wird.
Humangenetik und Pränataldiagnostik
als Mittel zur Selektion nicht passenden Nachwuchses gehören
inzwischen fast zur Normalität vorgeburtlicher Kontrolle.
Behinderte Frauen und Männer werden
in ihren generativen Wünschen und ihrer Existenz durch das
Zwangssterilisationsgesetz angegriffen.
Das BVG- Urteil zum § 218 schreibt
erneut die Verfügungsgewalt des Staates über Frauen
fest, erschwert die Abtreibung für Frauen und unterstreicht
in der "Ausnahmebestimmung" den staatlichen Willen zur
Abtreibung bei eugenischer Indikation.
Die Bioethik "verwissenschaftlicht"
und legitimiert das Töten von als minderwertig definierten
Kinder, Frauen und Männern.
- Reproduktionstechnologen wollen den Prozeß
des Kinderkriegens technisch ersetzen: Als "gehirntot"
definierte und damit als tot erklärte Frauen werden zu Produktionsmitteln
gemacht, die sonst angeblich so vorrangig vor den Frauen zu schützenden
Embryonen zu Versuchsobjekten; die Herstellung einer künstlichen
Gebärmutter, zu deren Erforschung die Ärzte das "Material"
aus den Millionen Totaloperationen von Frauen beziehen, ist ebenso
konkrete Praxis wie inzwischen das Tabu des Klonens von Menschen
wieder aufgeweicht ist ...
Widerstand gegen diese Programme und Praktiken
bedeutet neben Angriffen und Aktionen die Reflexion und Veränderung
des kapitalistischen Denkens in dem Gegensatzpaar gesund= produktiv=
Lebensqualität / krank= unnütz= Leid; beinhaltet, sich
vehement gegen jede eugenische Politik und das eigene eugenisehe
Denken/Handeln (das auch in sog. "selbstbestimmter" selektiver
Abtreibung zum Ausdruck kommt, selbst wenn die einzelne Frau angesichts
der Behindertenfeindlichkeit dieser Gesellschaft überfordert
sein mag); bedeutet, sich eindeutig auf die Seite behinderten (und
anders diskriminierter) Menschen zu stellen und mit ihnen die Ausweitung
ihrer/unserer Lebensmöglichkeiten zu erkämpfen.
Völlig ausgeblendet bleibt hier ein riesiger
Bereich der Gentechnologie, der nicht direkt mit dem Reproduktionsvermögen
von Frauen verbunden ist: die Lebensmittelproduktion und die gentechnologisierte
Landwirtschaft, durch die komplexe lebendige Prozesse völlig
mißachtet werden und die technologischen Durchdringung des
gesamten Lebens weiter fortsetzt.
Es ist keinesfalls so, daß wir diesen
Bereich aus feministischer Sicht weniger wichtig finden - aber wir
schaffen für dieses Papier keine Ausarbeitung dazu mehr.
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