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aus: Kassiber Bremen
Die Beendigung der Entführung durch ein israelisches Militärkommando
in der Nacht von Samstag auf Sonntag, den 4.7.76, bei der nach offiziellen
israelischen Angaben 3 Geiseln getötet, 11 verletzt sowie 7
Entführer und ca. 45 ugandische Soldaten getötet wurden
(FR 9.7.; NZZ 11./12.7.), wird ausnahmslos als "kühner
Handstreich", "Husarenstück" und ähnliches
gefeiert. In Israel rücken angesichts der erfolgreichen Militäraktion
innere Auseinandersetzungen in den Hintergrund: Ein angedrohter
Eisenbahnerstreik wird abgesagt, und viele Betriebe arbeiten einen
Tag lang für die Armee (NZZ). Während die westeuropäischen
Staaten und die USA Israel beglückwünschen, verurteilen
die Sowjetunion - damals bekanntlich noch Weltmacht - und zahlreiche
arabische und afrikanische Staaten die israelische Militäraktion,
die als offene Souveränitätsverletzung gegen die zwischenstaatlichen
Spielregeln des Völkerrechts verstoßen hat, als "Akt
der Aggression". Auf Antrag der Organisation für afrikanische
Einheit (OAU) findet in der Woche nach der Erstürmung der Maschine
eine Sondersitzung des UNO-Sicherheitsrat statt, was zur Zeit der
Blockkonfrontation noch eine deutlich andere Dimension als heute
hatte. Die Hauptargumentationslinie, mit der der israelische Botschafter
bei den Vereinten Nationen die israelische Militäraktion verteidigt,
bemüht sich um den Nachweis der Komplizenschaft Ugandas mit
den Entführern. In diesem Rahmen heißt es dann unter
anderem: "Als die Luftpiraten weitere hundert Geiseln freigelassen
hatten und diese ihre Erlebnisse in Paris beschrieben hatten, enthüllte
sich eine verhängnisvolle Entwicklung. Sie berichteten den
wartenden Reportern, daß ugandische Soldaten unter direktem
Befehl Präsident Amins die Trennung von jüdischen und
nichtjüdischen Passagieren beaufsichtigt hatten. (...) Vor
unserem inneren Auge blitzte sofort die Erinnerung auf an die schreckliche
Aussonderung während des entsetzlichsten Massenmordes, den
die Menschheit je erlebt hat, der über unser Volk gekommen
ist. Wir wurden daran erinnert, wie die Nazis die Juden für
die Gaskammern und zur Ausrottung aussonderten".(8)
Diese Version, die sowohl als Argument der regierungsoffiziellen
Legitimation des israelischen Staates gegenüber der Weltöffentlichkeit
als auch als begründete Assoziation von Juden und JüdInnen
in und außerhalb Israels gelesen werden muß, wird vor
allem nach der Erstürmung von der hier untersuchten Presse
aufgegriffen und in Bewertungen, Kommentaren und Retrospektiven
zu Entebbe zugespitzt. So macht sich z.B. in Der Zeit Hans Schueler
zunächst Gedanken um das Ansehen Deutschlands. Er kritisiert,
die posthume Erklärung der Bundesregierung, sie hätten
sowieso nie an Austausch gedacht, ließe sich "allein
unter der Prämisse des Erfolgs der Befreiungsaktion halten.
(...) Hätten wir auf Kosten der Juden, die zuvor ein deutscher
Terrorist von anderen mit vorgehaltener Pistole selektierte, einen
Austausch à la Peter Lorenz verweigert, nur um fünf
in deutschen Gefängnissen einsitzende Baader-Meinhof-Leute
nicht hergeben zu müssen?" Gedanken macht sich Schueler
auch darüber, ob angesichts der Zustimmung "der freien
Völker" zur israelischen Militäraktion deren "Rechtsbewußtsein"
noch im Einklang "mit dem Urteil der Völkerrechtler"
stünde. Auch hier eignet sich der Selektions- bzw. Rassismusvorwurf
gut: "Es muß doch wohl erlaubt sein, daß ein Land
seine mit akuter Morddrohung bedrohten Bürger - und schon gar
rassistischer Verfolgung ausgesetzter Menschen anderer Nationalität
- unter Verletzung formaler Überflugsrechte und unter dem Bruch
der Souveränität des 'Verwahrungsstaates' befreit."
Und der Spiegel benutzt in seiner Entebbe-Story (9), wie oben bereits
erwähnt, ausschließlich den Topos von der "Selektion
der jüdischen von den nichtjüdischen Passagiern".
So erscheint die israelische Militäraktion als einzig folgerichtige
Lösung, der Beifall Westeuropas und der USA als legitim und
die nicht versuchten denkbaren Alternativen als unangemessen.
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