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Aus:Jungle World 29. November 2000
Interview mit dem ehemaligen RZ- Mitglied Gerd Schnepel
Die Carlos- Haddad- Connection
Der Wiener Opec- Überfall, die Flugzeugentführung von
Entebbe und andere internationalistische Verwirrungen der Revolutionären
Zellen - ein Interview mit dem ehemaligen RZ- Mitglied Gerd Schnepel
Die Revolutionären Zellen, die RZ, waren bekannt als sozialrevolutionäre,
basisorientierte Organisation, die meist dort aktiv wurde, wo sich
Menschen zur Wehr setzten. Wie kommen Mitglieder einer solchen Gruppe
auf den Gedanken, in einem internationalistischen Kommando die Wiener
Opec- Konferenz zu überfallen?
Es stimmt, die RZ haben sich vor allem in laufende Auseinandersetzungen
eingeklinkt, haben Fahrkartenautomaten abgefackelt, Sexläden
angezündet oder das chilenische Konsulat während der Pinochet-
Diktatur angegriffen. Das war die Hauptlinie. Damit haben wir uns
sehr von der RAF unterschieden und teilweise auch von der Bewegung
2. Juni, wobei uns der 2. Juni verwandter war. Wir hielten die RAF- Politik
für völlig falsch, insbesondere deren theoretische Ansätze.
Nicht zuletzt deshalb wurden die RZ gegründet. Gleichzeitig
gab es aber eine Basissolidarität zwischen RAF, 2. Juni und
RZ. Uns verband, dass wir mit Gewalt und anderen illegalen Mitteln
gegen die herrschenden Zustände vorgingen und uns im Untergrund
organisierten. Wir kämpften unter Aufgabe persönlicher
Ziele und setzten unser Leben und unsere Gesundheit aufs Spiel.
Zu dieser Basissolidarität gehörte, dass einige RZ-
Leute die Befreiung der politischen Gefangenen auch zu ihrer Sache
machten. Alle sollten rausgeholt werden, RAF- Leute, Bewegung 2.
Juni und Palästinenser. Das ließ sich jedoch nicht als
kleine basisbezogene Organisation in Deutschland und mit Leuten
machen, die tagsüber ganz normal arbeiten gingen. Für
eine solche Aktion brauchten wir eine internationale Zusammenarbeit.
Wir haben also nach Verbündeten gesucht und sind unter anderem
auf die Palästinenser, genauer die PFLP und deren Ableger,
die Wadi- Haddad- Gruppe, gestoßen.
Die Zusammenarbeit kam nicht vordergründig wegen eines
gemeinsamen Internationalismus- Verständnisses zustande, so,
wie es etwa die RAF formulierte: Wir haben alle den gleichen Feind.
Auch, aber nur sehr abstrakt. Darüber wurde gesprochen, und
letztlich stimmt es ja auch, nur eben nicht so dogmatisch und falsch,
wie es die RAF in einigen ihrer Papiere darlegte. Es ging konkret
um die Befreiung der Gefangenen, dann aber auch um internationale
Zusammenarbeit. Wir begriffen uns in einer Front mit der IRA, der
Eta, der Action Directe, den Roten Brigaden und eben mit den Palästinensern.
Man hat sich gegenseitig geholfen, etwa indem wir für die einen
was versteckt oder für die anderen etwas besorgt haben. Oder
indem wir den Palästinensern halfen, mögliche Aktionsziele
in Europa auszuspähen. Aber das war auf keinen Fall unser Schwerpunkt,
sondern die Aufgabe einer kleinen Gruppe innerhalb der RZ. Für
Brigitte Kuhlmann, die zu den Gründerinnen der RZ zählte,
gab es noch einen persönlichen Hintergrund. Sie hatte für
Ulrike Meinhof die letzte Wohnung besorgt. Jene Wohnung, in der
Ulrike verhaftet wurde, weil der Typ, dem die Wohnung gehörte,
die Polizei angerufen hatte. Brigitte hatte ihre Fehleinschätzung
natürlich schwer getroffen. Das war für sie ein persönliches
Motiv, die RAF- Leute wieder rauszuholen. Aber das scheiterte dann
endgültig nach der Stürmung der entführten Air- France- Maschine
1976 in Entebbe. Dort wurde sie erschossen, zusammen mit Boni, Wilfried
Boese, den palästinensischen Genossen und ugandischen Soldaten.
Gab es innerhalb der RZ- Gruppen Diskussionen über die
Zusammenarbeit mit palästinensischen Organisationen?
Es gab Debatten und Widersprüche. Einzelne Lokalgruppen vertraten
die Auffassung, dass wir uns nicht auf eine solche Dimension einlassen
sollten. Sie wäre zu abstrakt und zu weit weg. Wir sollten
uns nur auf Basisansätze in Deutschland konzentrieren. Aber
sie mussten ja auch nicht mitmachen. Es waren nur wenige, die den
Kontakt zu Palästinensern hielten und sich da einbrachten.
Jede Gruppe konnte also autonom entscheiden, inwieweit sie
sich einer Initiative anschließt bzw. wo sie Ansatzpunkte
für politisches Handeln sucht?
Ja. Es gab natürlich Kontakte zwischen den Gruppen. Da wurde
beispielsweise Materialhilfe geleistet. Die einen hatten Sprengstoff,
die anderen nicht. Wir diskutierten über politische Einschätzungen
und haben gemeinsam die Zeitung Revolutionärer Zorn herausgegeben.
Aber die Gruppen an sich waren autonom, machten ihre eigenen Sachen
...
Das hat nie zu Problemen geführt? Musste man sich als
Organisation nicht auf gemeinsame Positionen einigen?
Es traten damals einfach keine Differenzen auf, die zur Spaltung
hätten führen können. Das autonome Handeln ging sehr
lange gut, weil wir uns im Grundkonsens einig waren, ausführlich
niedergelegt in unserem Buch "Holger, der Kampf geht weiter",
veröffentlicht 1975 in Gaiganz. Später haben sich wohl,
wenn ich das richtig verfolgt habe, Gruppen wegen Widersprüchen
aufgelöst. Aber das war sehr lange nach meiner Zeit.
Hans- Joachim Klein beschreibt in seinem Buch "Rückkehr
in die Menschlichkeit", die internen Auseinandersetzungen
seien zum Teil so weit gegangen, dass man sich gegenseitig Waffen
klaute.
Blödsinn! Was auch immer Klein schreibt, ich kann mich sogar
daran erinnern, dass wir Waffen für andere Gruppen ausgegraben
haben. Die wurden dann durch die Republik transportiert , weil sie
gebraucht, aber nicht, weil sie den anderen weggenommen wurden.
Es gab eher eine konzeptionelle Konkurrenz zu den anderen Organisationen.
Aber meistens haben wir uns gegenseitig geholfen. Zum Beispiel,
als die Frauen der Bewegung 2. Juni in Berlin aus dem Gefängnis
ausgebrochen waren. Wir haben sie unterstützt, als sie draußen
waren.
War es denn ausschließlich der Zusammenhang, in dem Johannes
Weinrich, Brigitte Kuhlmann, Wilfried Boese und Sie organisiert
waren, der sich als Gruppe in internationalistische Strukturen einfügte?
Ja, einzelne aus dem RZ- Zusammenhang haben mit den Palästinensern
zusammengearbeitet. Das eine war die Opec- Geschichte - aber das
war in einer frühen Phase, deshalb kann ich dazu nicht viel
sagen. Das andere war die Aktion, die schließlich in Entebbe
endete. Alles andere war logistische Hilfe wie Passfälschungen,
Trainingsmöglichkeiten und dergleichen.
Gab es in der Zeit nach der Flugzeugentführung von Entebbe
Kritik an der Aktion? Jahre später wurde intern heftig darüber
gestritten ...
Entebbe war ein ziemlicher Schlag für die Gruppe, weil mit
Wilfried Boese und Brigitte Kuhlmann zwei der RZ- Gründer bzw.
-Gründerinnen erschossen wurden. Die RZ haben sich danach als
Gruppe nicht mehr in solche Zusammenhänge hineinbegeben. Weinrich
und ich haben die Trümmer aufgeräumt, also dafür
gesorgt, dass nicht noch mehr kaputt geht und die Kommunikation
aufrecht erhalten bleibt. Entebbe war ein Einschnitt, der die internationalistische
Aktivität der RZ nach meinem Wissen beendet hat. Weinrich ist
dann weg von den RZ und hat mit Ramirez Illich Sanchez, dem so genannten
Carlos, eine eigene Gruppe aufgebaut. Ramirez Sanchez hat sich damals
von Wadi Haddad getrennt. Die Connection zwischen der neuen Gruppe
und den deutschen RZ war weitgehend beendet.
Wenn nach Entebbe noch von einem internationalistischen und
einem sozialrevolutionären Flügel die Rede war, stimmt
das also nicht?
Nein, davon kann man bis Entebbe plus ein paar Wochen, höchstens
Monate, sprechen. Danach nicht mehr.
Haben die Gruppen darüber diskutiert, wie man sich zu
Israel verhält?
Nach Entebbe wurde das Thema sehr stark von den Zeitungen hochgespielt.
Wir haben natürlich auch immer darüber diskutiert. Aber
unsere Linie war recht klar: Den Kampf gegen die israelische Regierung,
gegen die israelische Politik in die Ecke von Antisemitismus zu
stellen, war ein Winkelzug der israelischen Regierung, um von ihrem
Vorgehen abzulenken. Schließlich habe die Unterdrückungspolitik
gegenüber den Palästinensern selbst schon rassistische
Züge getragen. Sie behandelten die Palästinenser und die
arabische Minderheit, die innerhalb Israels lebt, ja tatsächlich
auf eine Art und Weise, wie es eine autoritäre Besatzungsregierung
mit einem unterdrückten Volk tut. Und das ist ja auch heute
nicht anders, wie ich dieser Tage dem Fernsehen und deutschen Zeitungen
entnehmen kann. Dass man dann unseren Widerstand als antisemitisch
abtun wollte, zumal wir Deutsche seien, haben wir nicht akzeptiert.
Für uns hatte der gemeinsame Kampf mit den Palästinensern
überhaupt nichts mit Antisemitismus zu tun. Wir wollten uns
nicht die Augen vernebeln lassen, weil dies von der Gegenseite,
also sowohl von den Alliierten der israelischen Regierung (BRD,
USA) als auch von dieser selbst, behauptet wurde. Zumal es auch
genügend innerisraelischen Widerstand gab und gibt. Wir wollten
uns diesen Vorwurf nicht unterjubeln lassen. Im Gegenteil: Israel
war für uns bis 1967 auch ein Projekt der Linken. In dieser
Tradition haben wir uns verstanden. Nichts lag mir und uns ferner
als Antisemitismus.
Wie kommt man dann auf den Gedanken, gegen eine israelische
Passagiermaschine vorzugehen, wie das Weinrich und Ramirez Sanchez
in Paris- Orly getan haben?
Entebbe hatte ja einen ähnlichen Charakter. Für die
Palästinenser gab es keine unschuldigen Israelis. Wenn man
in Israel wohnte und diese Politik unterstützte, wenn man diese
Regierung wählte, war man nicht unschuldig. Wir haben das auch
so gesehen. Diese berühmten Unschuldigen gab es für uns
nicht. Wenn eine Regierung Schweinereien anstellt, etwa die Reagan- Regierung,
dann sind die Leute, die Reagan wählen und unterstützen,
mitschuldig an dem, was er macht. Ähnlich, wie auch all die
Leute, die Hitler gewählt, gewollt und bejubelt haben, mitschuldig
sind. Das war unsere Auffassung.
Was ist an Kleins Behauptung dran, die RZ hätten vorgehabt,
den jüdischen Gemeindevorsteher von Berlin, Heinz Galinski,
anzugreifen?
An den Namen Galinski kann ich mich noch erinnern. Galinski war
ein ganz dezidierter Unterstützer der israelischen Politik.
Nachdem ein israelisches Kommando die Air- France- Maschine in Entebbe
gestürmt hatte, hat er diese Aktion sehr verteidigt und scharfmacherische
Reden gehalten. Er stellte sich sehr profiliert auf die Seite der
israelischen Besatzer. Bei den Aktivitäten der Wadi- Haddad- Gruppe
hat man ihn als mögliches Ziel für irgendeine Art von
politischer Aktion, z. B. eine Entführung, gehalten. Es wurde
darüber gesprochen, ich glaube, als Rache für Entebbe.
Denn eine Weile diskutierte man damals sehr intensiv darüber,
sich mit einer ziemlich wüsten Aktion zu rächen. Aber
darüber hinaus ist es nie gegangen, es wurde nie ernsthaft
etwas vorbereitet oder gar durchgeführt.
Wurde darüber geredet, was es bedeutet und auslösen
kann, wenn deutsche Linksradikale einen jüdischen Gemeindevorsteher
angreifen?
Unser Zorn nach Entebbe war natürlich nicht unerheblich.
Nachdem unsere beiden besten Leute umgekommen waren, begleitet von
einer heuchlerischen Kommentiererei, haben wir sicher nicht mehr
sehr differenziert analysiert. Aber grundsätzlich ist die Kritik
natürlich richtig. In einer solchen Situation hätte man
trotz aller Vorwürfe gegenüber der israelischen Besatzungsregierung
die deutsche Geschichte berücksichtigen müssen. Es ist
natürlich auch taktisch, wenn man sagt, es würde so oder
so ausgelegt werden. Aber man kann das deshalb nicht aus dem Auge
lassen. Man kann nicht total strategisch korrekt die falschen Sachen
machen. Aber es ist dann ja glücklicherweise nichts geschehen.
Führte es zu internen Widersprüchen, dass in Entebbe
israelische von nicht- israelischen Staatsbürgern getrennt wurden?
Bezüglich des Vorwurfs des Antisemitismus? Wir haben das
nicht diskutiert, weil wir uns sozusagen reinen Gewissens fühlten.
Denn wenn die Presse schrieb, die Juden wurden aussortiert, wussten
wir, dass Wadi Haddad israelische Staatsbürger aussortiert,
weil sich sein Kampf in der PFLP gegen den Staat Israel richtet.
Also nahm er vorrangig Israelis als Geisen, und nicht die Franzosen
oder die Deutschen oder die Italiener. Für uns war es sein
Recht, Israelis festzunehmen, so wie er als Palästinenser auch
dauernd von den Israelis verhaftet, beraubt, gefoltert wurde. Uns
interessierte es also nicht, was die Bild- Zeitung oder andere schrieben.
Anfang 1976 befanden sich etwa zehn RZ- Mitglieder im Ausbildungslager
im Jemen. Wussten Sie, dass in palästinensischen Lagern auch
deutsche Nazis ausgebildet wurden?
Nein, damals wussten wir es auf gar keinen Fall, bzw. das gab
es damals nicht. Jahre später habe ich davon im Ausland in
der Zeitung gelesen. Es gab in den arabischen Gruppen immer wieder
Leute, die nicht differenzierten und analysierten und die dann mit
Sprüchen ankamen wie: "Hitler war gut, weil ...".
Aber sie kämpften eben seit dreißig Jahren gegen Israel
und damit natürlich in ihrem Verständnis als "die
Araber" gegen "die Juden". Zum Glück gab es
auf beiden Seiten viele Leute die differenzierten. Anderen schien
jeder, der Juden umgebracht hatte, politisch nahe zu stehen. Aber
wenn wir mal solche Leute getroffen haben, dann war das in der Regel
so, dass die von Geschichte, von wirklichen Vorgängen, keine
Ahnung hatten. Wir haben dann immer wieder erläutert, was tatsächlich
im mörderischen Nazi- Deutschland abgelaufen ist. Aber dieses
Unwissen, gepaart mit Emotionen, führt zu solchen Verrücktheiten
und Exzessen, dass sie einige Rechte ausgebildet zu haben scheinen.
Schenkt man Kleins Behauptungen Glauben, so fühlte er
sich wie Kanonenfutter für die RZ. Sprich: Er sollte von den
RZ für die Opec- Aktion zur Verfügung gestellt werden,
damit die PFLP weiterhin gut Freund und die Unterstützung garantiert
bleibt.
Brigitte Kuhlmann hat hinterher darüber gesprochen, wie es
zu dieser Situation kam. Sie hat gesagt, sie hätten ihn gefragt
und er habe sofort zugesagt. Das sei eine ganz spontane Entscheidung
gewesen. Ich denke im Nachhinein, dass er auf die falsche Weise
gefragt worden war, nicht so sezierend analytisch, wie es wohl nötig
gewesen wäre angesichts seiner Persönlichkeit. Und man
ist auf seinen Aktionismus abgefahren. In der Zusammenarbeit mit
den Palästinensern gab es das von Klein dargestellte Verhältnis
nicht. Sie haben nie gedrängt und gesagt, wir müssten
jetzt aber mal wieder ran. Wadi Haddad war eher zurückhaltend.
Er vertrat die korrekte Linie eines Guerillero, dass es viel zu
gefährlich sei, mit Leuten zu arbeiten, die erzwungen oder
halbherzig bei der Sache sind. Er hatte eine abwartende Haltung
und fragte immer wieder, ob wir das wirklich so und so wollten.
Und wie sah es mit den angeblichen monatlichen Schecks von
der PFLP aus?
Um Gottes willen, wir hatten nun echt kein Geld, wir hatten genug
Geldschwierigkeiten. Ich kann mich erinnern, dass Abu Hani, wie
Wadi Haddad intern hieß, irgendwann mal ein paar tausend Dollar
rausrückte. Und ich kann mich an eine Szene erinnern, als er
sinngemäß sagte: "Ihr Bürschchen wollt eine
Bank überfallen? Macht das bloß nicht, das ist viel zu
gefährlich. Ich geb euch lieber ein paar tausend Dollar."
Da hat er lieber Geld rausgerückt, damit wir ja nicht alle
verhaftet werden. Aber von monatlichen Schecks kann nicht die Rede
sein. Gegenseitig hat man sich ausgeholfen, mit Pässen, mit
Fälschungsarbeiten und auch mal mit Geld, aber nicht auf einer
Abhängigkeitsbasis mit Dauerauftrag.
Warum sind Sie 1977 aus den RZ ausgestiegen?
Nach Entebbe habe ich eingesehen, dass wir das nicht schaffen.
Ich war der Meinung, dass wir mit dieser Linie keinen Erfolg haben
werden. Die "Imperialistenschweine" direkt anzugreifen,
wie das in unserem Buch hieß, das schaffen wir nicht. Sie
machen uns einen nach dem anderen alle, wir würden alle im
Knast landen oder erschossen werden. Ich dachte, wir würden
nicht über diese Phase hinauskommen. Unser Kampf würde
ein individueller Aufstand bleiben, der zum Scheitern verurteilt
ist, da die andere Seite auf der militärischen und Geheimdienst-
Ebene zu stark ist. Und heute sind sie in den Köpfen von vielen
noch stärker geworden. Also hab ich mir gesagt, das dauert
fünfhundert Jahre, so viel Zeit haben wir allein aus ökologischen
Gründen nicht. Ich gehe lieber in die Bio- Landwirtschaft, weil
es dringender ist, die Grundlagen zu retten, auf denen man leben
oder kämpfen kann. Wir kommen nicht zu Potte, wir müssen
andere Möglichkeiten suchen, mit den Unterprivilegierten, mit
den ökonomisch armen Bauern in der Dritten Welt und mit den
Widerstandsgruppen hier in der Ersten. Bei der Schleyer- Entführung
1977 hat sich gezeigt, dass die Gegner sogar ihre besten Köpfe
opfern, wenn es ihnen in den Kram passt.
Ihre Entscheidung zum Ausstieg wurde von den RZ und der Gruppe
um Carlos hingenommen?
Ja, wir haben das auf einem RZ- Delegiertentreffen ausführlich
diskutiert. Die anderen teilten diese Position nicht, aber es wurde
voll akzeptiert. Und dann ging ich eben nicht mehr hin. Mit Carlos
war es ein bisschen anders. Wir haben aus Sicherheitsgründen
noch Kontakt gehalten. Er war später der Meinung, dass die
Veröffentlichungen von Klein für mich zu einer Bedrohung
werden könnten und ich trotz meines Ausstiegs in den Knast
kommen könnte. Daraufhin habe ich mich mit ihm und seiner Gruppe
1980 getroffen und darüber Diskussionen geführt. Carlos
hat das sehr fürsorglich und solidarisch begleitet, es gab
nie ein Gefühl der Bedrohung. Wir haben das gut zusammen diskutiert
und sind zu der Einschätzung gekommen, dass es für mich
besser ist, ins Ausland zu gehen. Und das habe ich dann auch gemacht.
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