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ERKLÄRUNG ZU DEM ANSCHLAG AUF OGEVA in Leipzig
Die Firma WEIGL in Nürnberg, die sich erfolgreich Verträge
für sämtliche Flüchtlingsheime in Bayern sicherte,
ist auch in anderen Bundesländern bekannt .Wenn auch nicht
der einfachen Bürgerin, so doch Flüchtlingen in Thüringen
und Sachsen, die nach der Einführung des Asylbewerberleistungsgesetzes
1993, sich der entwürdigenden Abspeisung durch sogenannte Essenpakete
ausgesetzt sehen. Laut Monitor- Bericht verdient WEIGL, der mehrere
Tochterunternehmen (MEIGO bei Gera und in Berlin, OGEV A in Leipzig)
unterhält, an der Zwangsverpflegung von ca. 20000 Flüchtlingen.
Das Asylbewerberleistungsgesetz. das im Zusammenhang mit der Grundgesetz-
und Asylrechtsänderung (Artikel 16 GO) eingeführt wurde,
sah und sieht die Kürzung von Sozialleistungen in einem Maße
vor, das Flüchtlinge als soziale Gruppe aus dem Bundessozialhilfegesetz
(BSHG) ausschließt Abgesehen davon. daß dies die erste
soziale Gruppe in der BRD ist, der ein Leben unter dem üblichen
Existenzminimum aufgezwungen wird, ist dieses Gesetz mit seiner
damit verbundenen Sachleistungsregelung eine weitere Entmündigung,
Demütigung und Ausgrenzung von Flüchtlingen. Neben der
Einrichtung von Flüchtlingsheim eigenen Zwangsläden oder
aber der Verteilung von sogenannten Wertgutscheinen wird bundesweit
vor allem die Ausgabe von Essenpaketen an Flüchtlinge durchgeführt.
Diese Pakete, die in der Regel wenig abwechslungsreich, wenig vitarminhaltig
und mit Lebensmitteln bestückt sind, die oft überlagert
oder oft einfach nur völlig fremd für die betroffenen
Frauen, Kinder und Männer sind, bedeuten sie für Flüchtlinge
eine zusätzliche Belastung. Es kann nicht mehr einfach selber
eingekauft und selbst bestimmt werden, was auf den Tisch kommt.
Flüchtlinge müssen sich an Kartoffelbreipulver. Büchsenapfelmus
und an Tomaten in der Büchse gewöhnen. Weit verbreitet
ist abgepacktes Toastbrot, das für viele Flüchtlingsfamilien
aus Südosteuropa und Nahost eine derartige Zumutung darstellt,
daß sie ihr tägliches Brot lieber selber backen.
Auf Bedürfnisse von Flüchtlingen wird meist in keiner
Weise eingegangen. Die Versorgungsfirmen legen fest, wann Flüchtlinge
einen Apfel oder einen Rettich essen. Verantwortliche Stellen in
Asylunterkünften, Ämtern und Ministerien brüsten
sich noch mit ihrer Großzügigkeit, wenn sie es tatsächlich
veranlaßt haben, bei der Paketzusammenstellung auf einige
kulturelle und religiöse Besonderheiten zu achten, d h. ein
Muslim muß nicht unbedingt Schweinefleisch essen. Soviel Toleranz
bringen die abendländischen Behörden noch auf. Lebensmittelpakete
treffen besonders Familienmütter. Zum einen :fällt für
sie die oft einzige Gelegenheit, aus dem Haus zu gehen, nämlich
um einzukaufen, weg. Zum anderen lastet auf ihnen besonders der
durch die Zwangsversorgung erzeugte innerfamiliäre Druck. Oft
werden Frauen für die unzureichende Versorgung der Familie
verantwortlich gemacht, In einer Situation, wo Flüchtlingsfrauen
ohnehin unter dem Fehlen von frauenspezifischen Rückzugsmöglichkeiten
und Verwandtschaftsbeziehungen leiden, ist dieser Druck um so unerträglicher.
Die BRD, deren Herrschende sich oft genug propagandistisch darüber
ereifern, wie sehr Frauen in z. B. "islamischen Ländern" unterdrückt
werden, trägt hier durch ihren Gesetzgeber dazu bei, patriarchalische
Familienstrukturen in der Flüchtlingsfamilien und Flüchtlingszusammenhängen
zu festigen.
Mit dem Asylbewerberleistungsgesetz wurden auch weitere Möglichkeiten
gefunden, die Gesundheitsfürsorge für Flüchtlinge
zu verschlechtern. Ist bei der Ankunft von Flüchtlingen in
der BRD ohnehin schon nur eine ED- Behandlung und ein AIDS- Test,
nicht aber eine oft notwendige Untersuchung auf Folterspuren u.
a. vorgesehen, so zahlt im Laufe des Asylverfahrens bis zur Anerkennung,
zur Duldung oder zu seinem Abschluß das Sozialamt nur, wenn
es sich um Notfälle handelt. Die Betreuung von Schwangeren,
kleinen Kindern, Alten oder aber Folteropfern ist demnach äußerst
unzureichend oder aber überhaupt nicht gegeben.
Die Versorgung von Flüchtlingen durch Sachleistungen erschweren
auch, daß Flüchtlinge sich in das öffentliche Leben
in der BRD integrieren. Das geringe Taschengeld ( und schon dieser
Begriff ist für erwachsene Menschen entmündigend genug)
reicht kaum für Fahrgeld oder etwa für Sprachkurse. Von
Flüchtlings- und Ausländerlnnen- Initiativen angebotene
Treffs und kulturelle Veranstaltungen können ebenso wie Kinos
u. a.immer weniger genutzt werden. Außerdem können sich
Flüchtlinge kaum noch einen Anwalt leisten. Dies fällt
angesichts eines menschenverachtenden Asylrechts, das nicht nach
den Fluchtgründen sondern dem Fluchtweg fragt, besonders schwer
ins Gewicht auch Flüchtlinge, die langer als ein Jahr in der
BRD in Asylheimen leben müssen und sogar Flüchtlinge,
die nach § 53 und § 54 AuslG einen Aufenthaltsstatus haben, nicht
den ihnen zustehenden Sozialhilfesatz, sondern die oben beschriebenen
Leistungen erhalten.
Beschwerden, rechtliche Klagen, Proteste, Hungerstreiks. Flüchtlinge
wehren sich gegen entwürdigende Behandlung. Schon im Spätsommer
1991 hatten sich Flüchtlinge in der Leipzig- Grünauer
Liliensteinstr. gegen die Kürzung des Tagesgeldes von 10 DM
auf 8,50 DM gewehrt Die Staatsmacht reagierte auf die Verhandlungswilligen,
sich aber organisierenden Flüchtlinge mit einem Einsatz von
polizeilichen Sonderkommandos, wobei auch Tränengas eingesetzt
wurde.
Nach Einführung von Freßpaketen im Landkreis Leipzig,
im Sommer 1993, verweigerten Flüchtlinge in Markleeberg die
Pakete. Wer sich am konsequentesten wehrte, landete in Abschiebehaft.
Seit zwei Wochen protestieren vor allem Flüchtlinge in der
Liensteinstr. gegen den WEIGL 'schen Essenplan. Die Stadt Leipzig,
die sich zumindest bis Herbst 1993 gegen das Innenministerium behaupten,
und Flüchtlingen Wertgutscheine austeilen konnte, mußte
ebenfalls auf Pakete umsteigen. Auf Grund des Drucks von Flüchtlingshilfegruppen
und der von den Behörden zur Kenntnis genommenen Tatsache,
daß die Paketverpflegung vor allem für Säuglinge
und kleine Kinder unbillige Härte bedeutet, dann zeitweilig
wieder Gutscheine vergeben
Nachdem diese Maßnahme nach zwei Wochen aber schon wieder
rückgängig gemacht wurde, entlud sich der Zorn von vielen
Müttern. Seitdem werden von vielen BewohnerInnen der Liliensteinerstr.
Pakete verweigert, und gemeinsame Protestaktionen durchgeführt.
Im Asylheim selbst spitzten sich Konflikte zwischen Flüchtlingen,
die Pakete empfangen und denen die verweigern zu.. Lebensmittelpolitik
als Waffe, um Widersprüche und Konflikte innerhalb der sozial,
kulturell, ethnisch, religiös und politisch sehr inhomogenen
Gruppe "Flüchtlinge" noch mehr zu verschärfen.
Lebensmittel als Waffe - erklärtermaßen, um vor sozialen
Problemen geflohene Menschen abzuschrecken. Diese Politik ist muß
die logische Fortsetzung von bundesdeutschem Kapitaleinzug oder
anderem Engagement in der sogenannten Dritten Welt. Bundesdeutsches
Kapital trägt zum sozialen Kollaps im Trikont bei, beteiligt
sich an der Überausbeutung von Mensch und Natur.
Lebensmittel als Waffe - nicht nur eingesetzt über sogenannte
"humanitäre Interventionen" im Ausland und andere Nothilfeprogramme,
die Menschen im Trikont sowohl am fliehen als auch am selbstversorgten
Leben hindern sollen. Wer vor dem Einsatz deutscher Rüstungsprodukte,
Giftgas- koow- how und Foltertechnik flieht, soll in der BRD ghettoisiert
und als Mensch "2. Klasse" behandelt werden
Wertgutscheine, Essenspakete... Rückfall in die bundesdeutsche
Nachkriegszeit - für eine soziale Gruppe. Kranke, Behinderte,
Obdachlose, Alte, Studentlnnen... Welches wird die nächste
Gruppe sein, die aus dem BSHG hinausgestoßen wird?
Weg mit dem Asylbewerberleistungsgesetz
OGEVA, MEIGO und WEIGL raus aus dem Geschäft mit Flüchtlingen!
Bargeld statt Sachleistungen!
Gegen rassistische Abschiebegesetze - Bleiberecht für alle!
RZ
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