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RZ / Rote Zora

Rudolf Raabe: "Ich bin nicht in den Baumschen Tunnel gekrochen"

Frankfurt, 2.7.80

Seit nunmehr ca. drei Wochen ist Rudolf Raabe wie der in der BRD. Beim Rock gegen Rechts - Festival begründete er seine Rückkehr aus Irland u.a. mit: "Ich bin gekommen um mich gegen die Vorwürfe zu wehren". Am letzten wochenende äußerte sich Rudolf Raabe auf einer Kulturveranstaltung des SB- Kongresses "Großer Ratschlag" zu seiner jetzigen Situation und über seine persönliche und politische Zukunft in der Bundesrepublik. In nachfolgenden drucken wir seine Rede ab:

"Ich will hier nicht weiter auf die Entwicklungen nach meinem Auftauchen bei Rock gegen Rechts eingehen. Das verstörte Verhalten der BAW (Bundesanwaltschaft) und des BKA

(Bundeskriminalamt) während der Untersuchung in Karlsruhe und bei der Vorführung im BGH (Bundesgerichtshof), ihre plötzliche Panik und ihr Rückzug in meinem konkreten Fall kann hier in der Kürze nicht annähernd geschildert werden. Außerdem ist die Zeit bisher zu kurz gewesen, daß man die spezielle Situation hätte analysieren können, um daraus schon jetzt allgemeine Schlüsse zu ziehen.

Ich will hier kurz schildern, wie meine Situation im Moment aussieht und dann versuchen meine Vorstellungen darzulegen, wohin diese Kampagne gehen soll.

Zu meiner Situation:

Nach wie vor besteht ein Haftbefehl gegen mich, der zwar verändert aber zur Zeit nur außer Vollzug gesetzt ist. Das heißt, er kann je nach Belieben der BAW zu jeder Zeit aus der Tasche gezogen werden, was nach Ansicht der Bundesanwälte und des Richters nicht zuletzt von meinem Verhalten abhängig ist. Im Moment ist der Haftbefehl nichts anderes, als ein Maulkorb, der nach dem ganzen Terror der lancierten Stories in den Medien verhindern soll, daß die Arbeitsweise und das Denken der BAW völlig entlarvt werden.

Zum Inhalt des Haftbefehls:

Die in dem alten Haftbefehl gemachten Vorwürfe der RädeIsführerschaft in der RZ und der Beteiligung an dem Anschlag auf das Haus des Mainzer Bürgermeisters Delorme mußten genauso zurückgezogen werden, wie schon die vorher aufgestellten Behauptungen an Anschlägen in den verschiedensten Ecken Europas beteiligt gewesen zu sein. Um nicht völlig nackt dazustehen, zog die BAW den Vorwurf zweier angeblicher Urkundenfälschungen hervor, um dann mit Hilfe einer "Gesamtschau meines Charakters" die einfache Mitgliedschaft in der RZ zu begründen. Zu diesem Haftbefehl kommen dann noch die üblichen Auflagen, da - man höre und staune - die Fluchtgefahr noch immer nicht aufgehoben ist.

Noch etwas zu meiner Krankheit:

Die Strategie der BAW, heute nun doch etwas von einer Krankheit zu wissen, dient lediglich dem Zweck ihre Schlappe zu verschleiern. In Wirklichkeit spielte die Frage der Haftfährigkeit oder -unfähigkeit bei dem Vorführungstermin keine Rolle, da das Gutachten des von ihr beauftragten Arztes für die BAW ein Schuß nach hinten war. Ihr Gutachter stellte nämlich für den Augenblick Haftfähigkeit fest, zog dieses indirekt im nächsten Satz wieder zurück, in dem er eine dringende Operation für erforderlich hielt, d.h. er stellte in einem Gutachten gleichzeitig kurzfristige Haftfähigkeit und sodann Haftunfähigkeit fest.

In den nächsten Tagen werde ich nun in ein Krankenhaus gehen um diese Operation durchführen zu lassen.

In meiner kurzen Rede hier auf dem Rebstock vor 14 Tagen habe ich betont, daß 'ich von einer Baum'schen Liberalisierung nichts zu erkennen vermag, daß die Gebärden des Ministers nichts mit meinem Entschluß aus Irland hierher zurückzukehren zu tun haben. Ich bin nicht - wie etliche Genossen vermuten möchten - in den Baumschen Tunnel gekrochen um mir durch irgendwelche Angebote das Rückgrat strecken zu lassen.

 

Es wird kein Buch 'Der Minister und der Terrorist - Rudolf Raabe im Gespräch mit Minister Baum' geben.

Ich hatte Glück, gab es doch in meinem Fall Freunde und Genossen, die es nicht tatenlos hinzunehmen gedachten, wie ich zum Carlos II aufgebaut und verfolgt wurde, die es vermochten, eine Öffentlichkeit zu schaffen, deren Existenz mir den Entschluß nach Westdeutschland zurückzukehren, erleichterte und das wesentliche Motiv für meine Rückkehr war,

Hunderte weniger 'Prominente' hingegen, die verfolgt und gesucht werden, verschwinden -vergessen und namenlos - in deutschen Knästen und Hochsicherheitstrakten. Andere, deren Namen bekannt sind und und die Politik, für die sie stehen, erfahren nur die Aufmerksamkeit und Unterstützung weniger.

Ich erinnere an Günter Sonnenberg, der, obwohl er eine schwere Kopfverletzung hat, abgeurteilt wurde und seit mehr als drei Jahren isoliert und abgeschottet einsitzt, an Irmgard Möller, die seit mehr als 7 Jahren in Isolation sitzt und auch nach dem 18.10.77 nicht freigelassen wurde.

Ich weise hin auf die Geschichte des Herman Feiling, dem in Kürze - blind und beinamputiert - hier in Frankfurt der Prozeß gemacht werden so", eine Barbarei, die in Worte zu fassen schwerfällt.

Ich erinnere an Gerd Albartus, gegen die die angeblichen Aussagen des H. Feiling prozessual voll verwertet wurden. Gerd sitzt deshalb heute in Ossendorf mit einer schweren Nierenkrankheit und darf keinen Arzt des Vertrauens hinzuziehen.

Die Namen, Beispiele, Schicksale stehen für viele andere, die aufzugreifen es gilt, damit keiner vergessen wird, sich jeder einer breiten, solidarischen Unterstützung sicher sein kann.

Es ist mehr als an der Zeit die Aus- und Abgrenzungen, Ängste, Projektionen und Verdrängungen zu hinterfragen und abzulegen, uns nicht diktieren zu lassen, mit wem wir solidarisch sein sollen und mit wem nicht, damit eine Bewegung, ein Kampf entsteht gegen den Moloch deutsche Justiz, gegen die alten und neuen Gefängnisse, jenseits von Hahnenkämpfen, Zersplitterung und Verdrängungsleistungen. Dies mein kleiner Ratschlag an uns alle".

Ein wesentlicher Teil der Kampagne für RUDOLF RAABE wird (muß) aus dem Erlös bestritten werden, den der Verkauf eines ganz neuen IRLANDREISEBUCHES ergibt. Das ist ein alternativer "Führer" durch Irland, der zwar auch Adressen von Herbergen und Pubs und Folklorefestivals enthält, aber auch die von Knästen und ökologischen Initiativen. Macht alles zusammen 160 Seiten und viele Bilder und kostet 10 DM plus 2 DM Porto. Dazu gibt es einen neuen aktuellen IR LANDINFO Nr. 13, ca. 50 Seiten, mit Berichten zur politischen & ökonomischen Lage in Irland. Macht 4.50 DM incl. Porto.

Kontakt: Rudolf Raabe- lnitiative, Oberursel,

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http://www.freilassung.de/div/texte/rz/id341_040780.htm