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An die Revolutionäre Zelle [von: Rote Hilfe]
Wir waren überrascht, daß ihr noch was zu unserer Kritik
an euch sagt. Denn erstens ist uns seit erscheinen dieser Kritik
klar, daß da so viel Scheiße drin ist, zweitens reichlich
unsolidarisch erscheint (was wir gerade nicht wollten)und drittens
waren wir der Meinung, daß eine bessere Antwort auf unsere
Kritik wie die Fahrpreissenkung der BVG um 300 000 DM, kaum möglich
war. Um so mehr freuen wir uns, daß ihr versucht, uns solidarisch
zu kritisieren, was ja uns nicht gelungen ist.
zu unserer Kritik im Info Nr. 65 u. 66 :
Sie ist allerdings mächtig verwirrend und beschissen. es sind
auch Mißverständnisse entstanden: "Wo seid ihr gewesen
als...", wenn ihr das so versteht,daß wir damit fordern,
mehr über euren "Alltag" wissen zu wollen, in welchen
Gruppen ihr sonst so arbeitet u.a.m., dann haltet ihr uns mit recht
für dumm. Allerdings geht es hier keineswegs darum zu wissen,
was ihr denn so macht, sondern um eure - und nicht nur allein eure
- Einschätzung, daß militante Aktionen in keiner Beziehung
zu den Repressionsmaßnahmen des Staatsapperats stünden.
Wenn wir also schreiben: "wo seid ihr gewesen, als..."
soll das in dem von uns angegebenen Zusammenhang nichts anderes
heißen wie: seht ihr nicht den Terror der Bullen (z. b. nach
dem Lorenzklau), nicht die Verschärfung des Staatsapperats
in den letzten Monaten. Alles klar??? Wir sind der Meinung, daß
eben ein Zusammenhang besteht zwischen militanten Aktionen und Verschärfungen
des Staatsapperats. Wer das nicht erkennt, ist einfach blind. Allerdings
jammern wir nicht, daß Stadtguerillas linke Politik kaputt
machen würden. (Wie z. b. verschiedene Genossen, die sich in
ihre Löcher verkrochen als nach der Ermordung von Holger die
Erschießung von Drenkmann folgte)! SG- Aktionen sind nicht
einheitlich, sie zeigen deutliche Unterschiede :
Fahrkartenverteilung, eine Aktion, die erstens zeigt, daß
Phantasie da ist, Widerstand zu leisten und zweitens andere in die
Lage versetzt sich zu solidarisieren. Oder der Lorenz- Klau: wo
trotz der Hetze sich viele, und nicht nur die Linke, freuten, weil
exemplarisch gezeigt wurde, daß Widerstand möglich ist.
Wichtig ist daß versucht wurde die Hintergründe der Aktionen
zu vermitteln. und so diese nicht als Robin- Hood- Eskarpaden abgetan
werden können. Um dieses Feeling - daß Widerstand möglich
ist - zu brechen, ist der Staatsapperat allerdings gezwungen, mit
allen ihm zur Verfügung stehenden Mitteln( seinen "legalen"
wie "illegalen") aufzufahren, um alle einzuschüchtern,
damit mögliche Solidarisierung unter allen Umständen unterbleibt.
Stockholm oder das brennende Auto vor der Kongresshalle: Wir sind
da der Meinung, daß eine Reihe von Erfahrungen hätten
zeigen müssen, daß Stockholm von vornerein scheitern.mußte.
und diese Erfahrungen wurden nicht mit einbezogen. Wir sagen dann
auch nicht (wie ihr: die Aktionen der RAF waren richtig, wir haben
daran nichts zu kritisieren..), daß diese Aktionen eine mögliche
Form war, die aus den und den Gründen gescheitert ist. Sondern
diese Aktion drückt einen alten Fehler der RAF aus: abstrakt,
militärisch, total selbstüberschätzend. Zu Krone:
man hat das Gefühl, ihr wollt nicht kapieren. Scheiße,
ihr könnt doch nicht ernsthaft meinen, daß es richtig
ist, überall dort, wo die Kollegen was durchsetzen wollen militante
Aktionen zu bringen, damit die Stimmung verändert wird. Wer
bei Krone damit angeheitzt wurde, habt ihr ja auch selbst gesehen,
die Rechten. Außerdem haben wir verschiedene Einschätzungen
über Militanz. Die Militanz der Arbeiter fängt beim Krankschreiben
an und geht weiter, wenn man Tricks anwendet, die einen "Stopper"
dazu zwingen, keine höreren Akkordarbeiten festzulegen. Niemand
hat gesagt, die Stimmung bei Krone sei kämpferisch gewesen.
Man hat überall in den Abteilungen über den 13. Monatslohn
und wie man ihn bekommt geredet. Auch wenn z. b. ein Abteilungsleiter
daneben gestanden hat. Das war doch schon was. Durch eure merkwürdigen
Bummerangfragen zeigt ihr ganz klar: man sollte mal was ausprobieren,
mal gucken, was dabei rauskommt..., was passiert wäre, wenn
ihr eure Aktion nicht gemacht hättet... auf Spekulationen kann
man sich hier wohl nicht einlassen. Eine glatte Lüge ist der
von der Betriebsgruppe angeblich gesagte Satz: die Prollis machen
nichts, warum wir dann.
So'ne Autobrand- Geschichte von der Betriebsgruppe wäre eine
ziemliche Resignationsaktion gewesen,weil es stimmt, daß die
Gruppe ziemlich im Arsch war(siehe Samstagsvorarbeit, sie ist fleißig
von den Genossen mitgearbeitet worden).
Was ein zentraler Punkt unserer Kritik an euch ist, ist eure Einstellung
zur Linken. und da müssen wir noch konkretisieren: eure Einschätzung,
die ihr in der Zeitung "Revolutionärer Zorn" wiedergebt.
Ihr laßt schon in eurem Interview wissen, was ihr vom legalen
Kampf haltet. (Wir sind im übrigen der Meinung daß zwischen
dem Interview und eurer Zeitung (Stockholm- Artikel) eine gewaltige
Lücke klafft, daß ihr in dem Interview versucht, ehrlich
zu sein, daß ihr differenziert, während ihr in der Zeitung
teilweise großmäulig rumrotzt).Wir bleiben dabei, daß
es eine Fehleinschätzung und Arroganz ist, zu sagen, daß
nur der Guerrilla " seine Persönlichkeit, Gedanken, Gefühle
und Handlungen deckungsgleich werden " lässt, also daran
arbeitet, identisch zu werden-- es ist einfach unverständlich,wie
ihr, die ihr doch in der Basis verankert seid, die Probleme der
verschiedenen Gruppen degradiert.
Hat eine Gruppe noch nicht begriffen, daß nur die Verbindung
von legaler und illegaler Arbeit einen sinnvollen Kampf ausmacht
- oder ganz konsequent die illegale Arbeit ausklammert - dann hat
die - so wenigstens ihr - keine Chance zum revolutionären Lager
zu gehören. Natürlich sind wir auch sauer über die
Genossen, die uns jetzt so hängen lassen. War die Demo wegen
der Ermordung kathis schon ein Horror,so war die Kundgebung am Knast
anläßlich der Haftprüfung von Ströbele ein
derartiges Trauerspiel, daß die Paar, die gekommen sind, eher
abgetörnt wurden, nochmal an einer Kundgebung/Demo teilzunehmen.
Aber darüber zu lamentieren ist doch fürn Arsch, so ange
das momentane Chaos in der undogmatischen Linken besteht, können
sich viele nicht mehr mit den Aktiönchen wie Demo, Kundgebung
usw. identifizieren - und die, die mit Verzweiflung versuchen weiterzumachen,
wissen auch warum. Was wir eben versuchen, ist, trotzdem eine konsequente
Politik zu machen, Phantasie zu entwickeln und Kampfformen zu finden,
die die revolutionäre Linke stärkt, sie v ervielfacht.
Von euch kam da die Fahrkartenaktion. Hoffentlich entwickeln wir
bald auch Phantasie...
Noch was zu eurer Kritik: wir sind uns selbst in unserer Konkurrenzscheiße
aufgesessen, als wir schrieben, "der 2.juni hat gezeigt...".
Wollten wir auch subjektiv euch nicht gegen den 2.6. ausspielen
oder zeigen:" seht mal, so wie die's machen. Da könnt
ihr aber noch ne Menge lernen..."so haben wir objektiv euch
vom 2. Juni gespalten ("der Kapitalismus in uns...").
Und trotzdem: seit einiger Zeit versucht der 2.6. seine Aktionen
der Bevölkerung zu vermitteln. Und das macht er in einer Sprache,
die jeder versteht, wo jeder weiß, was Sache ist, im Gegensatz
dazu steht eure Einschätzung zu Stockholm, wo ihr um alles
in der Welt rechtfertigen wollt, wo es unserer Meinung nichts zu
rechtfertigen gibt, daraus entsteht natürlich eine abstrakte
Sprache. Wir sehn auch einen Widerspruch zwischen eurer eigenen
Praxis (siehe BVG, Interview)und euren theoretischen Einschätzungen
anderer Aktionen.
Im übrigen solltet ihr mal von dem Bild runterkommen, daß
die RH die genossen, die im Knast sitzen "mehr schlecht,als
recht" betreut. Allerdings unterstützen wir Genossen im
Knast. Vieles wird von uns nicht ausreichend gemacht. Aber wir begreifen
uns nicht als Knasthilfe, als Caritasverein. Wenn ihr unsere Politik
genau verfolgt, kommt ihr hoffentlich langsam zu einer anderen Einschätzung.
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