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RZ / Rote Zora

Brandanschlag auf die Bundesgrenzschutzinspektion Grunewald/Cordesstrasse in Berlin 16.01.2000

Unser Angriff auf eine BGS-Struktur hat zum Ziel, die Gewalt dieser rassististischen Institution sichtbar zu machen und sie als solche zu benennen. Wir hoffen, so viel Schaden wie möglich angerichtet zu haben und damit gezeigt zu haben, das auch diesem Projekt der Herrschenden etwas entgegengesetzt werden kann; darüber hinaus sollen andere zu weiteren Aktionen motiviert werden. Trotz bewegungsarmer Zeiten sind militante Interventionen ein unverzichtbares Mittel, um die linksradikale Widerstandserfahrung zu erweitern und um unversöhnlich gegen die herrschenden Machtzentren vorzugehen. Wir lassen uns in keiner Weise von der jetzt anlaufenden staatsterroristischen Kampagne gegen mutmassliche Personen der Revolutionären Zellen/Rote Zora (RZ) beeindrucken. Antirassistische militante Politik ist und bleibt emanzipatorisch. Jede Form der Kriminalisierung und Diskreditierung antirassistischer Arbeit durch die Herrschenden kann unsere Bemühungen nur verstärken. Wir lassen uns nicht einschüchtern: Am 19. Dezember 1999 wurden morgens um 6h in einer bundesweit von BKA/BGS/GSG 9 und Länderpolizeien vorgetragenen Festnahmeund Durchsuchungsaktion linke Strukturen mit den militanten Zusammenhängen Revolutionäre Zellen und Rote Zora in Verbindung gebracht und angegriffen. Wie dem relativ grossen Presseecho zu entnehmen war, wurden dabei drei Personen wegen des Verdachts der "Mitgliedschaft in einer terroristischen Vereinigung" festgenommen und damit u.a. die Razzien gegen linke Einrichtungen legitimiert.

Diese Staatsschutzaktion macht in ihrer Zielsetzung drei Aspekte deutlich: Erstens soll ein schon länger nicht mehr aktives linksradikales Projekt die Revolutionären Zellen und die Rote Zora vollständig zerschlagen und in ihren Restbeständen auch für vor uns liegende sozialrevolutionäre und antiimperialistische Kampfprozesse handlungsunfähig gemacht werden.

Zweitens soll der entschiedene militante Widerstand gegen die staatliche rassistische Selektionsund Abschottungspolitik, der massgeblich von der RZ Mitte der achziger Jahre initiiert wurde, bereits im Keim erstickt werden.

Drittens wird mit dieser Staatsschutzaktion das Signal ausgesendet, dass der staatliche Verfolgungsdruck auch Jahre, bzw. Jahrzehnte nach den militanten oder bewaffneten Aktionen nicht nachlässt und ungebrochen ist, um jeglichen linken Widerstand einzuschüchtern und zu demoralisieren.

Das Prinzip RZ, viele selbständige Widerstandszellen/autonome Gruppen zu gründen, ist immer noch richtig: "Wir wissen, dass das Konzept, viele selbständige Zellen zu schaffen, eine langwierige und anstrengende Angelegenheit ist. Doch es ist richtig, weil es auf der Eigeninitiative und der Eigenverantwortlichkeit der Militanten aufbaut, Funktionalisierung verhindert, Arbeitsteilung entgegenwirkt.:. Der Widerstand fängt nicht beim Bombenlegen an. Er kennt tausend Ebenen." (Revolutionärer Zorn Nr. 5/Praxis Sondernummer) Diese Form militanter Organisierung ist auch heute noch aktuell, weil sie jeder Verdinglichung, Hierarchisierung im Prozess der Organisation von militanten Kämpfen entgegenwirkt und damit schon ein eigenes emanzipatorisches Potential aufweist. Uneingeschränkt ist festzuhalten, dass die RZ/Rote Zora den militanten Antirassismus als emanzipatorische Projekt in die Linke und in dieÖffentlichkeit hineingetragen hat. "Es geht darum, die alltägliche Gewöhnung an rassistische und sexistische Übergriffe zu durchbrechen, uns zu sensibilisieren und schlagkräftig zu werden auf allen politischen Ebenen."

"Es ist ein theoretischer und praktischer Prozess, der nicht individuell, glatt und platt gelingen kann, sondem mit Menschen aus dem antiimperialistischen Widerstand, mit Flüchtlingen und Immigrant/inn/en allmählich erarbeitet werden muss. So kann intemationale Solidarität lebendig werden..." (Erklärung zum Anschlag auf das Ausländeramt Böblingen/August 91).

Die RZ/Rote Zora haben nachgewiesen, dass ein bundesweites klandestines Netzwerk kontinuierlich in der Lage ist, militant und bewaffnet in aktuelle politische Auseinandersetzungen eigenständig einzugreifen oder selbst innerhalb der (radikalen) Linken vemachlässigte Fragestellungen in den Vordergrund zu rücken. Gerade die Debatten über Rassismus. Gentechnologie, Humangenetik... Anfang der 90er Jahre innerhalb und ausserhalb der RZ oder die Aufarbeitung der Entstehung und Entwicklung der Roten Zora haben für die radikale Linke in der BRD einen enormen inhaltlichen Fundus hinterlassen, der für jede militante und bewaffnete Initiative heute Grundlage in konzeptioneller und praktischer Hinsicht ist oder sein kann. Darüber hinaus steht die Rote Zora als eine aus den RZ-Zusammenhängen kommende feministische militante Gruppe dafür, dass Frauen/Lesben einen selbstorganisierten revolutionären Kampf

unabhängig bzw. in kritischer Distanz zu patriarchalen Szenestrukturen führen und in Teilbereichskämpfen eigenständig Position beziehen (z.B. 1995 mit dem Sprengstoffanschlag auf die Lürssen- Werft als Beitrag zur Unterstützung der Frauen im kurdischen Befreiungskampf). Die staatsterroristische Kampagne gegen mutmassliche Aktivistinnen der RZ und deren Verhaftung und die Durchsuchung des Mehringhofs/Berlin mit seinen Projekten soll die radikale Linke einschüchtem und den militanten Antirassimus kriminalisieren. Linke/linksradikale Politik soll sich nicht mehr äussern können. In diesem Kontext ist auch das Verbot der Luxemburg/LiebknechtDemonstration am Sonntag, den 9.1, zu sehen. Besonders perfide ist das Festhalten des Staatschutzes an der Killfahndung gegen mutmassliche RAF- Aktivistlnnen.

In der RZ- Kampagne'"Für freies Fluten" wurde neben dem materiellen Angriff auf Institutionen, die den rassistischen sozialtechnischen Apparat repräsentieren, eine Aktionsform gewählt, bei der Entscheidungsträgem dieses Apparates gezielt in den Unterschenkel geschossen wurde. Diese Aktionsform sollte die Personen, die hinter der anonymen Fassade dieser Apparate agieren, kenntlich machen, ihnen Namen und Gesicht geben und sie aufgrund des direkten körperlichen

Angriffs zur Verantwortung ziehen. Die Aktionen z.B. gegen den damaligen Leiter der Berliner Ausländerbehörde Hollenberg im Oktober 1986 und gegen den damaligen Vorsitzenden Richter des Bundesverwaltungsgerichts in Berlin Korbmacher im September 1987 waren bewusst nicht als politische Liquidation konzipiert. Die Intention dieses Vorgehens war es, das Überleben der rassistischen Schreibtischtäter zu garantieren. Denn die RZ dachten nicht militärisch und "skrupellos", hielten eine Körperverletzung der in der Öffentlichkeit unbekannten Technokraten jedoch für politisch sinnvoll, um deren Funktionen ins öffentliche Bewusstsein zu bringen.

WAS TUN? WAS TUN!

Der BGS ist heute noch viel mehr ein wichtiges Angriffsziel militanter antirassistischer Politik. Er ist ein Symbol für den agressiven rassistischen Wahn in institutionalisierter Form. der Apparat BGS hat sich in den neunziger Jahren zu einem logistisch und organisatorisch effizienten Instrument der Repression entwickelt. So wird mittlerweile die gesamte BRD vom BGS als Grenzraum diagnostiziert und entsprechend kontrolliert. Staatenübergreifende Kooperationen sowie computertechnische Verdatung machen aus dem BGS ein Zentrum rassistischer Ausgrenzungs und Verfolgungspraxis. "Der BGS fungiert als Instrument der praktischen Umsetzung der faktischen Abschaffung des Asylrechts und ist aufgrund von Grenzkontrollen und Abschiebungen verantwortlich und politisch haftbar zu machen."(militante Gruppen Aamir Mohamed Ahmed Ageeb, 9. Juni 1999) Bereits in Oktober 1993 haben die RZ einen Sprengstoffanschlag auf die Stromversorgung des Bundesgrenzschutzamtes Frankfurt/O. verübt und in ihrer Anschlagserklärung die Bedeutung und Funktion des BGS im Schengener Abschottungssystem kurz umrissen. Damit haben sie frühzeitig eine bis dahin kaum beachtete Institution zum Angriffsziel einer militanten antirassistischen Politik erklärt.

In den politischen Kaderschmieden der Nation wird bereits an weitergehender Akzeptanzbeschaffung für die rassistischen Praktiken des BGS gearbeitet, indem Themen wie zunehmende Umweltbeeinträchtigungen auf lokaler, nationaler regionaler wie globaler Ebene in ein erweitertes Sicherheitskonzept einbezogen werden. Der laufende wissenschaftliche Diskurs behauptet, dass Bevölkerungswachstum eine Hauptursache für Umweltzerstörung sei und diese wiederum zu einem verstärkten "Migrationsdruck" führe. Grenzüberschreitende Migration aber sei ein Sicherheitsproblem, weil sie gesellschaftliche Probleme aufwerfe wie ethnische Spannungen oder mangelnde soziale Integration. In diesen Szenarien wird letztendlich jedes gesellschaftliche Krisenphänomen zur Sicherheitsfrage und soll mit entsprechenden militärischen und paramilitärischen Institutionen beantwortet werden. Gegenüber sozialen Befriedungsstrategien oder Strategien der Integration werden umfassende sicherheitspolitische Massnahmen wieder stärker in den Vordergrund gerückt.

Auf einer anderen Ebene werden alle Möglichkeiten der Schikane gegen Flüchtlinge ausgeschöpft. So werden in Berlin Kriegsflüchtlinge von den Sozialämtem mit Hilfe des Deutschen Roten Kreuzes auf besonders menschen verachtende Weise behandelt. Ihnen wird eine Fremdverpflegung aufgedrückt und viele erhalten keinen Pfennig Bargeld mehr. Trotz Hungerstreik und anderer eingesetzter politischer Interventionen der Flüchtlinge gibt es kein Einlenken der Behörden.

Wir solidarisieren uns mit den Kämpfen der Flüchtlinge! Und wir hoffen, dass wir gemeinsam eine politische Kraft entwickeln können, trotz vieler Fehler und Widersprüche in unserer Politik. Unsere Praxis eines militanten Antirassismus ist unsere eigenständige Position und unser Beitrag dazu.

Freiheit für Axel, Harald und Sabinel! Gegen rassistische Selektions-, Abschottungs- und Abschiebepraxisl

Die 6 Gefangenen der RAF müssen raus - bedingungslosl

Für freies Fluten!

Berlin, den 16.1.2000

MAIL
http://www.freilassung.de/div/texte/rz/freiesfluten16012000.htm