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Gegen den Schlussstrich

Eine noch immer wichtige Diskussion.....

Wie schon in dieser kurzen Zusammenfassung deutlich wurde, ist auch die Geschichte der RZ/ Rote Zora nicht ohne Widersprüche, Spaltungen, Auflösungen und mangelnder, bzw. fehlender öffentlicher Diskussionen. Eine davon wollen wir hier exemplarisch aufgreifen, weil sie uns ganz besonders relevant erscheint: die Diskussion um Antizionismus und Antisemitismus.

Anknüpfend an die Politik einer Strömung innerhalb der RZ, die mit anti-zionistischen Standpunkten und Aktionen verbunden war, wurde erst spät (1991) eine Erklärung einer RZ- Gruppe zu diesem Thema öffentlich. Spät, weil Widersprüche und interne Abgrenzungen schon seit der Entebbe Aktion von 1976 vorhanden gewesen waren, die offenbar zu Brüchen geführt hatten. Anlaß des Textes war die Ermordung des RZ- Mitgliedes Gerd Albartus 1987 durch eine palästinensische Gruppe. Bis heute ist dieser Sachverhalt nicht endgültig geklärt. In dem Text fordert die Gruppe u.a. eine Debatte über das Verhältnis zu Antisemitismus und Antizionismus in der deutschen Linken. Im Zusammenhang mit der Palästinasolidarität schrieben sie:

"Israel galt uns als Vorposten des westlichen Imperialismus mitten in der arabischen Welt, nicht aber als Ort der Zuflucht für die Überlebenden und Davongekommenen, der eine Notwendigkeit ist, solange eine neuerliche Massenvernichtung als Möglichkeit von niemandem ausgeschlossen werden kann, solange also der Antisemitismus als historisches und soziales Faktum fortlebt."

Zum damaligen Zeitpunkt ist das Zitat vielleicht Ausdruck eines Richtungswechsels in der Position zu Israel. Es täuscht aber nicht darüber hinweg, daß die politische Einschätzung Israels weiterhin auf reduzierten Bildern beruhte und nicht von wirklichem Interesse am politischen Zionismus und den Umständen der Gründung des Staates Israel zeugt, der das Ergebnis komplexer historischer und politischer Ereignisse war.

Darüber hinaus macht es deutlich, daß Antisemitismus nicht als eigenständiges Phänomen der deutschen Geschichte wahrgenommen wurde, sondern immer im Zusammenhang mit Zionismus und/ oder Israel - wenn überhaupt - reflektiert wurde. Aufgrund dieser Form der Diskussion blieb es zwangsläufig bei einer unrichtigen und unreflektierten Vermischung von Begriffen und historischen Ereignissen mit dem Ergebnis von zum Teil nicht aktzeptablen politischen Positionen.

Die Diskussion um Israel und Palästina ist heute in der radikalen Linken in Deutschland weitestgehend abgebrochen, ohne die Denkansätze der RZ jemals kritisch aufgearbeitet zu haben. Dies wäre jedoch eine noch immer wichtige Diskussion.

Wir halten es jedoch für unabdingbar, daß eine Diskussion in Deutschland um Antisemitismus heute selbstverständlich ohne den Bezug auf Israel geführt werden kann und muß. Antisemitismus in der deutschen Geschichte mit all seinen aktuellen Auswüchsen ist ein Phänomen, das gleichberechtigt neben der Rassismus und Faschismusdiskussion von uns bedacht werden muß, um nicht als Nebenwiderspruch des Rassismus zu verkommen.

Es gibt antisemitischen Aktionen und Angriffe, ohne daß diese bisher größere öffentliche Reaktionen hervorgerufen hätten. Das sollte sich ändern.

Die von der RZ ungenügend und von der deutschen Linken nicht fortgeführten Diskussion um Antisemitismus ist uns wichtig. Darüber hinaus finden wir es spannend zu diskutieren, was die radikale Linke heute mit der Geschichte der RZ/ Rote Zora anfängt; daß sie sich in den neunziger Jahren oder heute nicht mehr auf deren Politikansatz im Zusammenhang mit Antizionismus und Antisemitismus beziehen kann, aber ob sie nicht einiges für eine aktuelle politische Praxis aus der Auseinandersetzung mit den Erfahrungen, Texten und politischen Positionen lernen könnte.

Für diese umfassenden Debatten und Diskussionen sind diese Stellwände nicht der geeignete Ort. An Diskussionsbeiträgen sind wir jedoch interessiert.

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